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25 Jahre ThinkPad Notebooks: Ein Rückblick – Teil 1: Der Anfang unter IBM

Die Marke ThinkPad feiert ihren 25. Geburtstag. Ein idealer Zeitpunkt, um einer der bekanntesten Laptop-Marken einen Rückblick zu widmen, der sowohl die positiven als auch die negativen Seiten der ThinkPad-Geschichte beleuchtet. Im 1 Teil geht es um die Geburt des ThinkPads und den Aufstieg zur Kultmarke unter IBM-Flagge in den 90er-Jahren.

Man spricht ja oft von Hundejahren, wenn es darum geht, das Alter eines Hundes mit dem Alter eines Menschen zu vergleichen. Auch bei der Technik zählen Jahre anders als beim Menschen. Wie bei Hunden vergeht die Zeit viel schneller. Drei Jahre Technikentwicklung können riesige Sprünge bedeuten, während sich ein Mensch in 3 Jahren eher nur sehr geringfügig verändert.

25 Jahre hingegen, das ist eine halbe Ewigkeit, sowohl in der Technik als auch beim Menschen. 25 Jahre sind ein Vierteljahrhundert und mehr als ein Viertel eines durchschnittlichen Menschenlebens. Vor 25 Jahren war der Kalte Krieg gerade erst Geschichte geworden und die USA standen kurz davor, den demokratischen Präsidentschaftskandidaten Bill Clinton ins Amt zu wählen.

Kurzum, 1992 liegt nun schon eine Weile zurück. Damals sah die Technikwelt noch komplett anders aus, die PC-Revolution war noch im vollen Gange. Marken, die es damals schon gab, gibt es heute kaum noch, der Markt hat sie in den ständigen Umwälzungen verschluckt. Die Konstanten bei den Firmen sind die großen Industrie-Urgesteine wie Microsoft oder Apple; bei der Software gibt es auch Windows, selbst wenn das damals noch komplett anders aussah. Bei Marken im PC-Bereich sieht es da schon dünner aus: Ein Beispiel wäre die Marke TravelMate, die heute Acer gehört und ursprünglich von Texas Instruments ins Leben gerufen wurde.

Doch die Marke TravelMate erreichte nie den prominenten Status, den eine andere Marke erreichte, die bereits 1992 existierte: ThinkPad. Die Marke ThinkPad hat Krisen und Zeitenwenden im PC-Markt überlebt und ist sich dabei (weitestgehend) treu geblieben. Zum 25. Geburtstag wollen wir ergründen, wie es dazu kommen konnte und warum das ThinkPad so einen Kultstatus erreicht hat.

Die Krise vor dem ThinkPad

der originale IBM PC (Bildquelle: IBM)
der originale IBM PC (Bildquelle: IBM)

Wie so oft beginnt eine Erfolgsgeschichte mit einer Krise. Der ursprüngliche ThinkPad Hersteller IBM hatte Anfang der 80er den IBM PC als allgemeinen Standard für Heimcomputer definiert, doch man konnte sich auf diesem Erfolg nicht lange ausruhen: Zum Ende der 80er- und Anfang der 90er-Jahre kam eine neue Kategorie von PCs auf: mobile PCs. In diesem neu entstandenen Markt fand sich IBM nur schwer zurecht, und man geriet gegenüber der Konkurrenz ins Hintertreffen – IBM wurde als behäbiger Riese empfunden, der sich nicht schnell genug bewegte. Der größte Konkurrent dieser Zeit war Compaq, der Konzern, der 2002 schließlich von Hewlett-Packard übernommen wurde.

Anfang der 90er-Jahre verschob sich der Fokus von klobigen Portable-PCs zu Laptops und Notebooks. IBM brachte schon vor dem ThinkPad einige PCs im Clamshell-Formfaktor auf den Markt, darunter zum Beispiel das IBM PS/2 L40SX. Mit diesem Laptop testete IBM bereits einige Technologien, die später auch in ThinkPads zum Einsatz kommen würden. Der Durchbruch gelang mit den PS/2-Notebooks aber nicht. Alle weiteren Bemühungen unter der Marke PS/2 wurden in der Presse als "Me too"-Produkte gesehen. Um den Einstieg in den Markt wirklich zu schaffen, musste ein Produkt her, das IBM erneut als Innovationsführer etablieren würde.

Der Anfang: Das ThinkPad 700C

Dieses Produkt wurde schließlich das ThinkPad 700C. Hier flossen alle technischen Entwicklungen der frühen 90er zusammen. Einer der wichtigsten technischen Aspekte des 700C war das Display: Zu diesem Zeitpunkt waren kleinere, monochrome 9,5-Zoll-Displays noch der allgemeine Standard, doch das ThinkPad 700C enthielt ein 10,4-Zoll-Farbdisplay in einem für damalige Verhältnisse sehr kompakten Formfaktor. Dass das Display das wichtigste Feature des ersten ThinkPad Notebooks war, ist aus heutiger Sicht vielleicht etwas seltsam, doch für IBM war es damals der Garant für den Erfolg.

Für den Erfolg waren nicht nur technische Aspekte wichtig, sondern auch Marketing. Das beginnt schon beim Namen: Das ThinkPad stellte einen großen Bruch mit IBMs vorherigen Namenskonventionen dar. Wäre es ein normales Produkt gewesen, dann hätte IBM es als ein PS/2-Notebook mit irgendeiner komplexen Zahlenkombination als Modellnummer beworben. Doch das PC-Management entschied sich stattdessen für den Namen ThinkPad, ein Markenname, den IBM schon vor dem 700C für ein wenig erfolgreiches Tablet nutzte, das IBM 2521 ThinkPad. Das Tablet mit Stiftbedienung floppte, doch der Markenname, der auf IBMs altem Firmenmotto "THINK" basierte, war ein Erfolg.

Zum Marketing gehört auch ein Design mit Wiedererkennungswert. Das originale Thinkpad Design wurde vom deutschen Industriedesigner Richard Sapper entworfen, der 2015 starb. In einer Zeit, als die meisten PCs Gehäuse aus dem typisch beigen Kunststoff hatten, wählte Sapper Schwarz als Farbe. Heute wird Schwarz als eine langweilige Farbe gesehen, damals war es noch radikal neu bei PCs. Als Vorbild für die Form des ThinkPads nahm Richard Sapper eine japanischen Bento-Box. Die schwarze Farbe und das eckige, kantige Gehäuse sollten das ThinkPad schon im zugeklappten Zustand aus der Masse hervorstechen lassen.

ThinkPad 700C mit Bento-Box-Design (Bildquelle: richardsapperdesign.com)
ThinkPad 700C mit Bento-Box-Design (Bildquelle: richardsapperdesign.com)

Klappte man das Gerät auf, wurde man einerseits von der hervorragenden IBM typischen Tastatur begrüßt. Andererseits enthielt das 700C auch ein komplett neues Design-Feature: Den heute ikonischen TrackPoint, der ein Verschieben des Mauszeigers ermöglicht, ohne die Hände von der Tastatur zu nehmen. Der TrackPoint wurde nicht für das ThinkPad erfunden, aber im ThinkPad erstmals wirklich genutzt. Ursprünglich entwickelt wurde der TrackPoint vom IBM Forscher Ted Selker in den 80er-Jahren. Sein typisches Aussehen mit einer roten Kappe aus Gummi verpasste ihm Richard Sapper. Eigentlich sollte der TrackPoint blau sein, ganz nach IBMs Firmenfarbe. Auch an dieser Stelle musste sich das ThinkPad von den bürokratischen Grundsätzen von IBM absetzen, die Farbe Rot war bei IBM nämlich für Not-Aus-Schalter reserviert. Doch Sapper war fest entschlossen, den TrackPoint in rot auf den Markt zu bringen, da man so einen besonders hohen Kontrast zum schwarzen Gehäuse erzeugt. Also sagte er einfach, dass der TrackPoint in der Farbe Magenta hergestellt würde – in der echten Produktion war er dann auf wundersame Weise rot.

der Innenraum des ThinkPad 700C (Bildquelle: richardsapperdesign.com)
der Innenraum des ThinkPad 700C (Bildquelle: richardsapperdesign.com)

Der Erfolg und die Nachfolger des 700C

Design, Markenname, Technik – beim ThinkPad 700C passte einfach alles. IBM hatte schlicht das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt. Als man es schließlich am 5. Oktober 1992 auf der inzwischen eingestellten PC-Messe COMDEX vorstellte, waren die Reaktionen der Besucher und der Presse begeistert. Das Thinkpad 700C hat das Notebook nicht erfunden, aber es hat einen neuen Standard gesetzt für Notebooks. Das ThinkPad 700C wurde ein Bestseller, und IBM hatte plötzlich Schwierigkeiten, mit der Produktion hinterher zu kommen. Sogar der scheidende US-Präsident George Bush wollte ein ThinkPad als Weihnachtsgeschenk für seine Frau und musste extra beim IBM-PC-Management anrufen, um ein Gerät zu bekommen.

Nach dem Erfolg des 700C begann IBM postwendend mit der Entwicklung von Nachfolgemodellen. Auf jedes einzelne ThinkPad der 90er-Jahre einzugehen, das würde zu lange dauern. Daher sollen an dieser Stelle einige der ThinkPad Highlights nach dem 700C benannt werden.

IBM ThinkPad 550BJ

IBM ThinkPad 550BJ
IBM ThinkPad 550BJ

Dieses nur in Asien verkaufte ThinkPad war besonders, weil es einen eingebauten Canon Drucker hatte. Heutzutage gibt es viele Menschen, die ganz auf ein papierloses Bürokonzept umgestiegen sind und damit sehr gut leben können – E-Mails und PDFs sei dank.

Doch daran war im Jahr 1993 noch nicht zu denken, höchstens als ferne Zukunftsvision. Ein eingebauter Drucker im Notebook stellt auf jeden Fall ein interessantes, wenn auch heute veraltetes Konzept dar.

IBM ThinkPad 360P

IBM ThinkPad 360P
IBM ThinkPad 360P

Das erste ThinkPad Notebook, das sowohl ein Notebook als auch ein Tablet war. Der Urahn von heutigen Convertibles wie dem Lenovo ThinkPad X1 Yoga oder dem ThinkPad Yoga 370 erschien im Jahr 1994.

Anders als bei heutigen Convertibles klappte man beim 360P nicht das Display um 360° auf die Unterseite des Laptops um, sondern das Display selbst wurde umgedreht und auf die Tastatur aufgelegt. Die Bedienung des Displays erfolgte nicht mit dem Finger, sondern mit einem Stift. Insofern ist das 360P auch ein Nachfolger des ersten PCs mit dem Namen ThinkPad, dem schon erwähnten IBM 2521 ThinkPad.

IBM ThinkPad 755CD/CDV

IBM ThinkPad 755CD
IBM ThinkPad 755CD

Dieses im Oktober 1994 erschienene Modell ist gleich aus zwei Gründen interessant: Der erste wäre, dass es das erste ThinkPad und das erste Notebook überhaupt mit einem integrierten CD-Laufwerk war. Vorherige ThinkPads nutzen noch Diskettenlaufwerke, doch im Zuge der Multimedia-Revolution wurden sie durch die CD-Laufwerke ab Mitte der 90er abgelöst.

Die Modellvariante 755CDV bot noch ein weiteres Feature, das heute auch archaisch wirkt: Man konnte die Displayrückseite abnehmen und das Display so unter einen Overhead-Projektor legen. Overhead-Projektoren wurden früher oft für Präsentationen genutzt, und mit dem 755CDV bot IBM Firmen und Schulen die Möglichkeit, PC-unterstütze Präsentationen über einen Overhead-Projektor durchzuführen.

IBM ThinkPad 701C "Butterfly"

IBM ThinkPad 701C "Butterfly"
IBM ThinkPad 701C "Butterfly"

Eines der bekanntesten und ikonischsten ThinkPads. Das 701C mit dem Spitznamen "Butterfly" (Schmetterling) hatte eine Tastatur, die sich beim Aufklappen des Displays automatisch auseinanderfaltete. Das war notwendig, weil die Displays zu diesem Zeitpunkt immer noch zu klein für Tastaturen in der vollen Größe waren. Statt also eine verkleinerte Tastatur einzubauen entwickelte IBM eine komplexe Lösung, um die Kunden zufriedenzustellen.

Das Design des 701C wurde so berühmt, dass es in die Sammlung des "Museum of Modern Art" aufgenommen wurde. Ein weiterer kommerzieller Erfolg des Konzepts wurde aber durch das Aufkommen von größeren Displays zunichte gemacht, die die ausklappbare Tastatur überflüssig machten.

Im folgenden Video von Lenovo wird das ThinkPad 701C "Butterfly" in Aktion gezeigt:

IBM ThinkPad 600

IBM ThinkPad 600
IBM ThinkPad 600

Besonders innovative Features wie die anderen Modelle in dieser Liste hat das ThinkPad 600 nicht vorzuweisen. Trotzdem ist es ein signifikantes ThinkPad: Mit dem 1998 eingeführten 600 bricht IBM mit dem Bento-Box-Design, das bis dahin bei allen Nachfolgemodellen des 700C benutzt wurde. Das Gehäuse wurde dünner, die Handballenauflage länger, und das Display war nun 13,3 Zoll groß.

Das ThinkPad 600 sieht von der Gehäuseform einem moderneren Notebook schon sehr ähnlich und weist große Ähnlichkeiten zur späteren ThinkPad-T-Serie auf. Kein Wunder, schließlich ist das Thinkpad 600 deren Vorfahre. Bekannt wurde das 600 durch seinen hohen Preis sowie seine hervorragende Verarbeitung und exzellente Tastatur.

IBMs Thinkpad Fehltritte

Auch bei IBM war nicht alles Gold, was glänzt. Bei jedem Erfolg gibt es auch Schattenseiten, und ThinkPads sind da keine Ausnahme. Hier sind die beiden größten Fehlschläge der frühen IBM Ära:

IBM ThinkPad 300

IBM ThinkPad 300
IBM ThinkPad 300

Gleich zu Beginn gab es einen großen Fehlschlag: Das IBM ThinkPad 300 war das erste Low-end ThinkPad und wurde direkt mit dem ThinkPad 700C angekündigt. Vom Design her würde man das 300 nicht für ein ThinkPad halten, denn es war grau statt schwarz und hatte auch keinen TrackPoint.

Wesentlich gravierender war, dass das ThinkPad 300 nicht richtig funktionierte. Die Produktion war fast komplett "Dead-on-Arrival". Das ThinkPad 300 wurde nicht von IBM hergestellt, sondern vom Hersteller Zenith. Der Misserfolg des ThinkPad 300 war eine Lehre für IBM, man beendete die Zusammenarbeit mit Zenith und stellte das ThinkPad 300 schnell wieder ein. IBM hatte Glück, dass das zeitgleich erschienene ThinkPad 700C ein großer Erfolg war. So konnte ein größerer Schaden für die noch junge Marke vermieden werden.

IBM ThinkPad 800 Serie

IBM ThinkPad 850
IBM ThinkPad 850

PowerPC CPUs wurden bis 2005 prominent von Apple in den PowerBooks eingesetzt (eines der letzen Apple PowerBooks in einem frühen Notebookcheck Test). Dass auch IBM einmal PowerPC Notebooks anbot, das ist dagegen vielen nicht bekannt. Da die ThinkPad 800er wie das ThinkPad 820 und 850 kein Erfolg waren, ist das wenig verwunderlich. Die ThinkPad-800-Serie erschien erstmals im Juli 1995, schon ein Jahr später gab die ThinkPad Sparte das Experiment wieder auf.

Dabei wäre die PC-Geschichte vielleicht anders verlaufen, denn die PowerPC Architektur hätte Intel das Zepter und die effektive Monopolstellung im PC-Markt entreißen können. Doch der Misserfolg zementierte IBMs Abhängigkeit von Intel.

Fazit: Die 90er – das goldene ThinkPad Zeitalter

das erste ThinkPad: IBM ThinkPad 700C
das erste ThinkPad: IBM ThinkPad 700C

Es gibt immer wieder abwertende Äußerungen, dass das ThinkPad-Design in den 90er-Jahren stecken geblieben sei. Tatsächlich wäre IBM wohl froh gewesen, wenn die Marke ThinkPad später auch denselben Erfolg gehabt hätte wie in den ersten Jahren. Die 90er-Jahre waren die besten und innovativsten Zeiten für die Marke ThinkPad, was auch an dem stetig wachsenden Notebook-Markt lag. Die Dekade war eine goldene Zeit, nicht nur für IBM, sondern für den gesamten Notebook-Bereich. Die Kunden in den 90ern waren vor allem Firmenkunden und wohlhabende Privatkunden, die sich ein damals noch sehr teures Notebook leisten konnten – genau das richtige Publikum für ThinkPads.

Die Innovationen und Erfolge dieser Zeit erschufen die Marke ThinkPad, wie wir sie heute kennen. IBM hat dabei stets auf dem Design des 700C aufgebaut und die Wurzeln der Marke ThinkPad nie aus den Augen verloren. Das Innovationsmodell der Thinkpads beruhte nicht auf einer einzelnen Person, sondern aus der Zusammenarbeit von verschiedenen Menschen und Teams.

Doch schon zum Ende der 90er warfen die kommenden Krisen ihre Schatten voraus. Im zweiten Teil unserer Serie werden wir die Jahre 2000 bis 2010 beleuchten.

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Autor: Benjamin Herzig, 25.09.2017 (Update: 19.05.2020)