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Kolumne: Netbooks für Gamer

Wunschgedanke oder schon Realität?

Gerade einmal etwa ein Jahr ist es her, dass Asus mit seinem „Ur-Eee PC“, dem 701 4G, einen wahren Flächenbrand in der Notebook-Welt ausgelöst hat. Im Nachhinein gesehen genau zur richtigen Zeit, setzte die aufkommende Finanzkrise sowohl die Hersteller als auch Konsumenten unter Druck, und verhalf den günstigen Winzlingen zu einem kometenhaften Aufstieg.  Nunmehr sind Netbooks aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken. Wie sieht es allerdings hinsichtlich Computergames aus?!

 

Dieser Artikel wurde im Rahmen einer Zusammenarbeit mit o.v.e.r.clockers.at im österreichischen Printmagazin Gamers.at veröffentlicht.

 

Wer hat‘s erfunden?

Intel vs. Psion

Die Meinung, Asus hätte mit dem ersten Eee PC die Klasse der Netbooks kreiert, ist weit verbreitet. Unbestritten ist, dass der taiwanesische Hersteller als Trendsetter einen wesentlichen Anteil am Erfolg der Mini-Notebooks hat. Ein allgemein eher wenig bekannte Firma mit dem Namen „Psion“, bezeichnete allerdings schon einige Jahre zuvor einen ihrer mobilen Rechner als Netbook, was letztlich auch eine breite Klagswelle gegen Hersteller und Medien nach sich zog. Noch ist nichts entschieden, und die kleinen Dinger dürfen weiterhin schamlos als Netbooks oder Mini-Notebooks bezeichnet werden.

Die Abgrenzung zu den klassischen Notebooks wird in erster Linie über die Displaydiagionale getroffen. Bis zu einem 10-Zoll Panel spricht man in der Regel von einem Netbook, Subnotebooks beginnen ab 12“ Bilddiagonale. Sehr zum Ärger für uns Vertreter der schreibenden Zunft verwischen aber auch diese Grenzen zunehmend. Viele Hersteller bieten etwa bereits 12“ Notebooks mit Netbook Hardware an. Die rasante Entwicklung bei Prozessoren und Grafikchips lässt außerdem auch auf einen gehörigen Leistungszuwachs bei den Mini-Notebooks hoffen, der allerdings bisher, mitunter auch aus verkaufstechnischen Gründen, sagen wir, nicht unbedingt gefördert wurde…

Atom-Kraft ist angesagt

Intel Atom

Wühlt man sich durch die Datenblätter aktueller Netbooks wird bald klar, dass auch hier der Branchenprimus Intel bei den eingesetzten Prozessoren das Sagen hat. Waren die ersten Netbooks mit noch mit „Chip-Exoten“ , etwa von VIA, ausgestattet, so erkannte man bei Intel rasch das Potential der Mini-Notebooks und entwickelte mit der Atom-CPU einen kleinen, stromsparenden Chip, der dennoch ausreichend Leistungsreserven bieten sollte, um auch gängige Betriebssysteme und Anwendungen laufen lassen zu können. Damit stand dem Erfolgslauf der Netbooks nichts mehr im Weg.

Aktuell findet der Atom N280 Chip mit 1.66 GHz und 512 Kilobyte L2-Cache in den meisten Geräten Verwendung. Um Grafikbelange kümmert sich überwiegend die bewährte Intel GMA 950 Chipsatzgrafik, die sich zusammen mit dem Atom Chip vor allem durch ihre geringe Leistungsaufnahme von nur wenigen Watt auszeichnet. Hartgesottenen Gamern wird dies vermutlich ein spöttisches Lächeln in ihr Gesicht zaubern, aber drehen wir die Zeit etwas zurück, in etwa bis 2001/2002, also der Einführung von Windows XP, welches sich ja bis heute nicht nur bei den Netbooks bewährt hat. Bei den Notebooks war dies die Zeit der mobile Pentium IV, noch vor den revolutionären Pentium M Modellen. Sieht man sich die Eckdaten dieser Chips genauer an, so gewinnt der aktuelle Atom Prozessor von Intel doch etwas an Aufwind. Die wesentlich geringere Kühlleistung und Strombedarf einmal völlig außer Acht gelassen. Die Frage, welche Games den nun auf einem aktuellen Netbook „spielbar“ seien, kann somit einfach, wenn auch für viele etwas unbefriedigend beantwortet werden: Alles was auch vor rund 7 Jahren auf durchschnittlichen mobilen Rechnern gelaufen ist.

Gaming Anno dazumal?

Erinnert ihr euch noch, womit ihr euch auf eurem ersten Windows XP System die Nächte um die Ohren geschlagen habt? Hier ein paar klingende Namen, um euch etwas auf die Sprünge zu helfen: Diablo 2, Warcraft 3, Need for Speed Hot Pursuit 2, Counterstrike, Quake 3 Arena, Unreal Tournament. Na, klingelts? Da sind doch einige spannende Namen dabei, die auch heute noch ihren berechtigten Reiz auf das Gamer-Herz ausüben.

CS 1.6
Diablo 2
NFS - Hot Pursuit 2
Sim City 3000
Trackmania
Warcraft 3

Der praktische Test auf einem aktuellen Atom N280 System lässt allerdings allzu hohe Erwartungen an Performance und Grafikqualität rasch verpuffen. Während wenig 3D-intensive Games wie etwa Warcraft 3, Diablo 2 oder Sim City 3000 bei überlegt getroffenen Detaileinstellung durchaus noch gut laufen, sind insbesondere Vertreter des Shooter-Genres nur auf niedrigster Auflösung und bei geringster Detailstufe überhaupt zu schaffen. Als Beispiel wäre hier etwa Wolfenstein: Enemy Territory zu nennen, das im Test mit meist um die 15 Frames pro Sekunde (FPS), bei einer Auflösung von 640x480 Pixel und niedrigsten möglichen Details wohlgemerkt, kaum eine ausreichende Performance liefert, um bei der nächsten oc.at „gaming night“ auch nur irgendwie konkurrenzfähig zu sein. Etwas überzeugender schneidet Need for Speed – Hot Pursuit 2 ab. Bei minimal einstellbaren Grafikanforderungen lässt sich das Rennspiel mit um die 30 FPS durchaus flüssig spielen. Die Optik des Spiels bleibt dabei aber auf der Strecke.

Gaming Performance Atom N280/GMA 950
Gaming Performance Atom N280/GMA 950

Nicht viel besser sieht es bei aktuelleren Games aus, etwa dem Online Racer Trackmania Nations. Auf unserer Testplattform mit Intel Atom N280 / GMA 950 Hardware konnte eine Performance von 7-27 FPS beobachtet werden, was sichtbare Ruckler im Spiel allerdings einschließt. Mit Spannung verfolgten wir auch den Performance Test mit der aktuellen Ausgabe des Multiplayer-Shooters Counterstrike 1.6. Bei ebenso minimalen Grafikeinstellungen (640x480) blieb die Framerate im Online-Multiplayermatch auf der Map „dust“ im Bereich von 15-30 FPS. Wirklich konkurrenzfähig waren wir damit (wohl auch aufgrund mangelnder Spielpraxis) allerdings nicht. Für den anspruchslosen Zeitvertreib mit ein paar „lucky shots“ reichte die gebotene Leistung allerdings.

It’s all about WoW

World of Warcraft

Ein zentrales Thema beschäftigt aktuell die Gamer Welt: Lässt sich World of Warcraft (WoW) auf Netbooks zocken oder nicht? Als eines der bisher erfolgreichsten Multiplayer Online Games, dessen Hardwareanforderungen im Vergleich zu einigen aktuellen Shootern nahezu bescheiden ausfällt, hat diese Frage durchaus seine Berechtigung. Nicht zuletzt, da es im Gameplay von WoW eine Reihe an Quests  für den Spieler zu bewältigen gilt, die auch bei einer geringeren Framerate zu schaffen sind. Gesagt getan, und nach etwas längerer Wartezeit fanden wir unseren Charakter in den Welten des Nordhaintals wieder.

Die Bilanz unseres Testsystems fällt allerdings wenig zufriedenstellend aus. Fraps protokolliert bei einer Erkundungstour durch die Wälder Frameraten zwischen 0 und 17 FPS, also immer wieder auftretende kurze Aussetzer. Wesentlich besser sieht es allerdings in Innenräumen aus. Hier können gute 30-45 FPS beobachtet werden, was eine halbwegs flüssige Darstellung bedeutet. Insgesamt reicht dies um anspruchslose Tätigkeiten im Spiel durchzuführen, von performancelastigen Aktivitäten bis hin zu Massenschlachten mit bitzend-rauchenden Spezialeffekten ist allerdings wärmstens abzuraten. Es liegt also in den Anforderungen des Benutzers, ob die Performance bei WoW als gerade noch ausreichend oder aber als völlig ungeeignet bezeichnet werden kann. Für ein fortgeschrittenes Gameplay ist die aktuell verbreitete Netbook Basis mit Intel Atom N280/GMA 950 aber kaum geeignet.

Pump it up!

In Anbetracht der eher mageren Leistungsausbeute schreit die Overclocker-Gemeinde vermutlich gerade zu nach diversen Tuning-Maßnahmen. Dabei ist allerdings Vorsicht geboten: Netbooks besitzen oftmals aufgrund ihrer kompakten Bauweise und eines nur auf geringe Belastung ausgelegten Kühlsystems kaum Reserven für die bei Übertaktungsmaßnahmen in der Regel auftretende erhöhte Erwärmung. „Ach, mit flüssigem Sticksoff ist das alles kein Problem.“ – werden viele jetzt denken. Dies ist durchaus möglich, wie auch diverse Berichte im Netz bestätigen. Bis zu 2.385 Ghz sollen risikofreudige Tuner etwa aus einer Intel Atom N270 CPU auf Basis der MSI Wind U100 Plattform herausgequetscht haben. Dass sich mit dem Stickstoff-gefülltem Kupferbottich auf der Platine allerdings Netbook typische Anwenderszenarien eher weniger gut umsetzen lassen, liegt auf der Hand. Nichts desto trotz nutzt etwa Asus ein durchaus vorhandenes Potential der Intel Atom CPU, und ermöglicht mittels eines eigenen Tools „Super Hybrid Engine“ eine maximale Taktfrequenz von 1.75 Ghz, immerhin eine Steigerung von +5% gegenüber der Standardtaktung von 1.66 GHz.

GMA Booster

Reserven bietet auch der Intel GMA 950 onboard Grafikchip, der in Verbindung mit dem Intel 945 GSE Chipsatz lediglich mit einer Taktung von 166 MHz läuft, anstatt der üblichen 400 Mhz. Hier kommt ein Freeware-Tool namens GMABooster zum Einsatz, das die heruntergeschraubte Taktrate wieder auf die an sich möglichen 400 MHz erhöht. Ein entscheidender Vorteil dieser Leistungssteigerung liegt vor allem darin, dass sich diese kaum bis nur gering auf den Strombedarf bzw. die Hitzeemissionen des Grafikchips auswirkt und bei grundsätzlich allen GMA 950 basierenden Netbooks eingesetzt werden kann. Auch unsere Acer Aspire One 531 Testplattform lies sich auf diese Art und Weise dezent tunen. Das Ergebnis im WoW Performance Test blieb allerdings hinter unseren Erwartungen zurück. Mit beobachteten 11-18 FPS fielen in mehreren Testdurchläufen aber zumindest die noch vorher beobachteten Aussetzer weg. Von einer spürbaren Performancesteigerung kann man aber nur bedingt sprechen.

Eine weitere Option wie man noch etwas mehr Leistung aus seinem Netbook holen kann wäre die komplette Deinstallation zahlreicher, oft nutzloser und kaum verwendeter Dienste, mit denen manche Hersteller ihre Mini-Notebooks förmlich fluten. Hilfreich dabei könnte beispielsweise das Tool „PC Decraprifier“ sein. Für eine eklatante Steigerung der Framerate bei diversen Games wird aber auch dies nichts beitragen.

Netbooks für Gamer und Andere…

Asus N10

Was bietet der Markt nun an Netbooks bzw. spielefähigen Mini-Notebooks? Dass mit Intels Atom CPU und der GMA 950 Grafiklösung nicht wirklich von Gaming-tauglichen Netbooks gesprochen werden kann, zeigen obige Tests. Neben der Intel Plattform findet man vereinzelt auch Hardware anderer Hersteller verbaut. Als Beispiel wäre etwa das neue HP Pavilion dv2 zu nennen, das mit AMD Neo CPU und Radeon Xpress X1270 Grafik mehr Leistung verspricht (WoW lief bei min. Details mit 17-29 FPS), mit dem 12“-Display und einem Gewicht von rund 1.6 Kilogramm aber schon eine Klasse über den Netbooks platziert ist. Auch der Preis von rund 600.- Euro spiegelt dies wieder. Subnotebooks zum Schnäppchenpreis, wie etwa das FSC U9200 mit Pentium Dual Core CPU und GMA X3100 Grafik bieten bei Games nur geringfügig bessere Performance als die typischen Netbook Vertreter, im Falle von WoW rund 19-20 FPS.

Der Titel Leistungsstärkstes Mini-Notebook steht zurzeit dem N10J von Asus zu. Mit dem 10.2 Zoll LED Display weist es das klassische Netbook Format auf, und bietet dank Geforce 9300M GS Grafik kombiniert mit Intels Atom N270 CPU eine solide Grundlage für Games. Berichte von Usern, des mit rund 600.- Euro doch deutlich über der bei Netbooks üblichen Preislage positionierten Gerätes, bescheinigen dem N10J zwar gute Ergebnisse in den Benchmarktrests, bei der praktischen Spieleperformance wird allerdings schnell die verbaute Atom CPU als Flaschenhals entlarvt. World of Warcraft kann damit zwar bei gemäßigten Grafikanforderungen einigermaßen passabel gezockt werden, von der Leistungsfähigkeit günstiger Multimedia-Einsteigernotebooks bleibt man aber dennoch weit entfernt. Von passabler Gaming Power ist im Augenblick wohl erst ab 13-Zoll zu sprechen, wo LG mit dem P310, ausgestattet mit Nvidia Geforce 9600M GT Grafik, auch aktuelle Spieletitel knackt.

Fazit

Nvidia Ion

Netbook und Gaming sind nicht unbedingt zwei völlig unvereinbare Begriffe, es kommt allerdings sehr auf die individuelle Interpretation des dehnbaren Begriffes „Gaming“ an, ob man in dieser Hinsicht ein positives oder ein eher unzufrieden stellendes Resümee ziehen kann. Generell kann gesagt werden, dass ältere Spiele, in etwa aus der Zeit der Einführung von Windows XP, zumindest bei geringen Grafikeinstellungen auf Netbooks einigermaßen vertretbar laufen. Aktuelle Games sind aber für die Mini-Rechner, selbst für die leistungsstarken Vertreter unter Ihnen, kaum zu schaffen. Außerdem bewegt man sich hier schnell in Preisregionen, in der auch günstige Multimedia Notebooks zu haben sind, die ihre kleinen Geschwister mit Leichtigkeit hinsichtlich Leistung toppen. Es bleibt also nur auf kommende Technologien zu setzen, etwa die ION-Plattform von Nvidia, die auf einen Leistungsschub in günstigen Netbooks hoffen lässt. Bis dahin müssen aber auch die angebotenen Prozessoren noch etwas an Power zulegen, um in Kombination ein ausgewogenes Verhältnis zu bieten, und nicht überraschend als unüberwindbarer Engpass zu enden.

Tipp: Hilfreiche Tools für euer Netbook

- Notebook hardware Control: visualisiert und ermöglicht erweiterte Einstellungen
- GMABooster: Unkomplizierte Übertaktung der GMA 950 Grafik
- PC Decraprifier: Entfernt schnell und einfach unnütze Dienste und Bloatware
- A1ctl bzw. Eeectl: Ermöglichen erweiterte Einstellungen auf Acer und Asus Netbooks
- Gimp: kostenloses, aber umfangreiches Bildbearbeitungsprogramm
- OpenOffice 3.0: Word, Excel & Co – kostenlos

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Kommentar von J. Simon Leitner
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Acer Aspire One 531
Was ist möglich mit einem typisch ausgestatteten Netbook wie dem Acer Aspire One 531 (Intel Atom N280/GMA 950) ?
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Wolfenstein
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Autor: J. Simon Leitner, 24.06.2009 (Update:  9.07.2012)