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Rückblick | Spielemesse E3 ist Geschichte: Wo Sonys Playstation und Segas Saturn sich um den Westen zofften

Der Kampf zwischen den CD-Konsolen ging erst mit der E3 richtig los. Bis dato waren etwa das Mega CD (Mitte) eher selten anzutreffen. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Der Kampf zwischen den CD-Konsolen ging erst mit der E3 richtig los. Bis dato waren etwa das Mega CD (Mitte) eher selten anzutreffen. (Foto: Andreas Sebayang/Notebookcheck.com)
Sie war mal eine der bedeutendsten Spielemessen der Welt: die E3. Nun verschwindet auch diese Messe, die für große Ankündigungen im Gaming-Bereich in den 1990er-Jahren bekannt wurde. Ein Blick auf den verheißungsvollen Anfang der Messe.

1995 war ein spannendes Jahr in der Spieleindustrie. Altmeister Sega musste sich im Konsolenbereich gegen den Neuling Sony im Westen verteidigen: Sega Saturn gegen Sony Playstation. Mit Windows 95 kam ein Betriebssystem auf den Markt, das sich scheinbar von DOS verabschiedete und vielen interessanten Spielen eine Plattform für die Zukunft bot. Und dann fand auch noch die E3 statt.

Die erste wohlgemerkt. Eine Spielemesse, die im Los Angeles Convention Center stattfand und als eine der wichtigsten der Welt galt. Galt deswegen, weil sie am heutigen 12. Dezember 2023 offiziell am Morgen der Westküstenzeit der USA begraben wurde. Sie hat damit Generationen an Gamern gezeigt, wo die Reise hingeht. Vor allem am Anfang.

Eine längst vergangene Zeit

Man muss sich tatsächlich in die Zeit zurückversetzen um nachzuvollziehen, wie es in den Anfangsjahren war. Der Autor dieser Zeilen kannte die E3 nur durch das ständige Kaufen von Spielemagazinen. Das Internet? Daran war kaum zu denken, bis auf ein paar Compuserve- und AOL Freunde, zu denen man mal hinging, um das Internet überhaupt zu erleben. Fernsehen? Kaum, sieht man mal von der Games World mit Robby Rob ab, der sich später auch an einem Videospieleladen in Berlin-Charlottenburg probierte. Gaming hatte damals in der deutschen Gesellschaft noch etwas Anrüchiges.

Die meisten Gamer der Zeit bekamen die Neuerungen der Industrie also vor allem durch die Printpresse mit, seien es die Fachmagazine oder – wie es Nintendo damals noch hervorragend beherrschte – die Herstellermagazine wie Club Nintendo.

1995 war auch das Jahr, in dem in Berlin die französische Medien-Kaufhauskette Fnac schloss. Damals äußerst ungewöhnlich: Man konnte dort nicht nur Laserdiscs kaufen, sondern auch Importspiele, die sonst nur bei Fachhändlern zu bekommen waren. Natürlich sündhaft teuer, denn internationaler Versandhandel, was ist das eigentlich? Es war eine andere Zeit, als man Spiele noch im Otto Katalog, bei Karstadt oder sogar Woolworth kaufte. Oder tatsächlich noch im heutzutage selten gewordenen Fachhandel und bei so mancher dedizierter Videospiele-Kette, die über das gesamte Stadtgebiet aktiv war.

Sony und Sega zofften sich auf der E3

Die E3 war also groß dabei, als es mit der Spieleindustrie so richtig interessant wurde. Denn die Playstation zeigte sich kurz vor Marktstart dort genauso wie Segas Saturn. Es war Segas vorletzter Versuch, noch einmal mit leistungsstarker Hardware in der Konsolenwelt zu bestehen. Sony nutzte die E3, um die Playstation mit einem aggressiven Preis anzukündigen. Zwar sollte sie erst Monate später auf den Markt kommen. Doch mit 299 US-Dollar war sie satte 100 US-Dollar günstiger als der Saturn. 

Das Nintendo 64 war da noch in weiter Ferne, und die Welt spielt im Bereich der Konsolen noch mit Super Nintendo und Mega Drive oder Genesis, wie die Konsole in den USA hieß, die mit 32X und Mega CD sogar vergleichsweise erfolgreich Add-ons verkaufen konnte. Diese Art von Zubehör war damals ein äußerst schwieriges Geschäft.

Und der PC? Nun, Windows 95 sollte erst später erscheinen. Aber einem Artikel der Washington Post zufolge hat Microsoft damals schon Spiele für die neue Plattform gezeigt. Die hat sich damit wohl endgültig zur Spieleplattform im Heimcomputer-Bereich etabliert – bis heute.

In den Folgejahren war die E3 immer wieder eine wichtige Plattform für die Vorstellung von Konsolen außerhalb Japans. Damals waren weltweite Veröffentlichungen noch ungewöhnlich, und die Berichterstattung der Tokyo Games Show brachte nicht immer genug Informationen für die Gamer der damaligen Zeit, zumal sie erst 1996 startete. Ein Begriff war den Gamern damals auch die ECTS in London.

Microsofts doppelter Einstieg in die Konsolenwelt

In den Folgejahren wurde die E3 auch wichtig für einen weiteren Neuling in der Branche der Konsolen: Microsoft. Wesentliche Launchdetails der Konsolen gab es regelmäßig auf der E3. Sony wiederum zeigte seine Playstations. Davor versuchte sich Sega noch mit seiner Dreamcast auf dem Markt, übrigens eine Konsole, die auch mit Windows (CE) arbeiten konnte. 

Immer wieder ebenfalls ein Thema: Nintendo, der Konsolenanbieter, der erst mit dem Gamecube auf Discs wechselte, ehe man mit der Switch wieder auf Module im stationären Konsolenbereich setzte.

Auch im PC-Bereich etablierte sich die E3 mit großen Ankündigungen noch größerer Titel, von denen letztendlich viele aber auch irgendwie auf Konsolen landeten. Genauso wie so manche klassischen Konsolentitel vermehrt eine PC-Portierung bekamen.

In den letzten Jahren der E3 vor der Pandemie wurde die Plattform der Konsolen und des PCs zwar nicht völlig unwichtig. Ein wenig an Bedeutung verschwand jedoch trotzdem. Triple-A-Spiele wurden oft genug für PC, Playstation und Xbox angekündigt. Nur Nintendo schaffte es weiter, sein eigenes Ding zu machen. 

Die letzte Konsolengeneration erlebte die E3 dann nicht mehr. Playstation 5 und Xbox Series X kamen zu Zeiten der Pandemie-Hochphase auf den Markt, während die dafür eigentlich wichtige E3 2020 pandemiebedingt ausfiel. 2021 wurde die E3 dann zu einer Online-Show. 2022 und 2023 kam die Messe auch nicht mehr als echte Veranstaltung ins Los Angeles Convention Center zurück. Und nun ist sie offiziell Geschichte.

Die Abschiedsnachricht auf der offiziellen Webseite E3Expo.com (Screenshot: Notebookcheck.com)
Die Abschiedsnachricht auf der offiziellen Webseite E3Expo.com (Screenshot: Notebookcheck.com)

Mittlerweile ist selbst die E3 Webseite praktisch Geschichte. Mehr als eine Abschiedsnachricht der Entertainment Software Association gibt es nicht mehr: GGWP - Good Game, Well Played. Das heißt aber nicht, dass die Inhalte komplett verschwunden seien. Dank der Wayback Machine des Web-Archive-Projekts wurde die E3-Webseite seit 1998 über 6.000 Mal zwischengespeichert. Zuletzt war dort nicht mehr viel zu sehen. Noch am Morgen des 12. Dezember 2023 (Westküstenzeit) hieß es auf der Homepage, dass die E3 2023 nicht stattfindet. Einen Hinweis auf die E3 2024 war gar nicht zu sehen.

Trailer Show statt Show Floor

Ersetzt wurde die E3 durch diverse Trailer-Shows. Günstig für Hersteller, die sich einer kritischen Öffentlichkeit im Vorfeld der Entwicklung nicht mehr ganz so stark aussetzen mussten. Nicht ganz unpraktisch, wenn man einen Hype um ein Spiel erzeugen will, ohne die Funktionen zeigen zu müssen. 

Von den klassischen Gaming-Messen bleiben damit noch die Gamescom in Deutschland und die Tokyo Games Show in Japan. Daneben gibt es tendenziell spezielle Formate wie die Games Developers Conference oder herstellerspezifische Events wie die Blizzcon. 

Eine Übersicht solcher Shows nach Größe sortiert bietet Gamerant. Da dürfte so einige Überraschung dabei sein, insbesondere weil Gaming bei Gamerant etwas weiter gefasst wird. 

Wer ein wenig in der Erinnerung schwelgen will, dem sei zudem der zuvor erwähnte Artikel der Washington Post empfohlen. Der ist zwar aus dem Jahr 2021, doch die E3 verlor während der Corona-Pandemie bereits enorm an Bedeutung. Daher deckt der Post-Artikel tatsächlich die relevante Zeit der Messe ab und lässt Menschen zu Wort kommen, die aktiv an den ersten E3-Shows beteiligt waren. 

2019 war für die E3 die Welt noch in Ordnung. (Screenshot: Notebookcheck.com via Wayback Machine)
2019 war für die E3 die Welt noch in Ordnung. (Screenshot: Notebookcheck.com via Wayback Machine)

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Autor: Andreas Sebayang, 13.12.2023 (Update: 14.12.2023)