God of War Ragnarök durchgespielt – Tolles Erlebnis, das die PS5 unterfordert
Als Gott des Krieges hat man es nicht leicht: Zunächst tötete Kratos aus Rache so gut wie jedes Monster und jeden Gott der griechischen Mythologie. Und als er sich im abgelegen Norden der Welt zur Ruhe setzen wollte und sogar eine Familie gründete, holt ihn seine Vergangenheit immer wieder ein.
Die Vorgeschichte des Reboots
Im Reboot der Serie von 2018 erlebten wir das erste Abenteuer von Kratos und seines Sohns Atreus in den 9 Welten der nordischen Mythologie.
Hier hatten die Entwickler, Sonys Santa Monica Studios, im Vergleich zu den ersten Spielen tatsächlich einiges verändert: Kratos, nun mit beeindruckendem Bart, wollte nicht mehr kämpfen, sondern ein verantwortungsvoller Vater sein. Er begab sich auf seine Reise mit seinem Sohn Atreus, um die Asche von Kratos verstorbener Frau vom höchsten Gipfel der Welt zu zerstreuen.
Aber, man ahnt es schon: Die nordischen Götter mischen sich ein und obwohl sie es nicht wollen, beschwören die beiden Helden den Fimbulwinter herauf, der das nahende Ende der Welt, das namensgebende Ragnarök ankündigt.
Ragnarök beginnt
Und genau hier beginnt God of War: Ragnarök. Wer den ersten Teil des Reboots nicht gespielt hat, der wird sich vor allem am Anfang etwas schwer tun und viele Namen und Geschehnisse nicht gleich einordnen können. Auch einige emotionale Momente fallen vielleicht etwas weniger eindrücklich aus.
So würden wir empfehlen, zumindest auf YouTube eine Zusammenfassung des ersten Teils zu schauen. Zwar gibt es auch einen Abriss der Geschehnisse im Hauptmenü des Spiels, der ist aber doch sehr oberflächlich.
Das Kampfsystem rockt jetzt noch mehr
Wie aus dem letzten Teil gewohnt, steuert man die Helden aus einer nahen Third-Person-Ansicht durch die vom Fimbulwinter mehr oder weniger stark veränderten neun Welten. Hier kommt eine kleine Schwäche des Spielkonzepts zum Vorschein: Man besucht Orte, die man teilweise bereits aus dem Vorgänger kennt. Der Satz "Als wir das letzte Mal hier waren..." fällt doch einige Male. Es gibt aber durchaus auch neue Gebiete, die unser Heldenduo erkunden muss.
Das Kampfsystem ist ausgeklügelt und wird sogar noch um eine Waffengattung ergänzt, insgesamt schlägt Kratos nun also mit 3 verschiedenen Tötungswerkeugen zu. Man kann beinahe nahtlos zwischen ihnen wechseln, wobei das in der Hitze des Gefechts nicht immer ganz einwandfrei funktioniert. Zudem kann man den Begleitern einfache Befehle geben.
Das Trefferfeedback ist sehr befriedigend und natürlich sind auch wieder heftige, teils sehr blutige Killanimationen für verschiedene Gegner dabei. Allerdings ist God of War hier gefühlt im Vergleich zur ersten Trilogie etwas zahmer geworden.
Wunderschöne Technik, die noch mehr könnte
Technisch gesehen sieht God of War Ragnarök wunderschön aus: Die Entwickler fahren verschneite Landschaften, dichte Dschungel, nordische Siedlungen und gigantische Gebäude auf. Auf der Playstation 5 läuft das alles butterweich, die Texturen sind scharf und bieten auch beim genaueren Hinsehen zahlreiche Details.
Auch die Animationen sind erstklassig. Nur ab und an hakt es, wenn sich ein Gegner in der Umgebung verfängt und auch einzelne Animationen in den Zwischensequenzen wirken nicht zu 100% glaubwürdig. Das sind aber sehr seltene Ausrutscher, insgesamt ist God of War Ragnarök eine Augenweide und dadurch auch sehr immersiv für den Menschen vor dem Bildschirm.
Allerdings ist Ragnarök ein Cross-Gen-Titel, erscheint also auch für die Playstation 4. Das ist an sich natürlich eine beeindruckende Leistung und auf der letzten Konsolengeneration ist das Spiel sicher eines der hübschesten überhaupt. Aber das bedeutet auch, dass Menschen, die eine Playstation 5 besitzen, Kompromisse eingehen müssen.
Eines der Highlights der neuen Konsolengeneration ist ja, dass durch die schnelle SSD Übergänge zwischen Levels übergangslos möglich sind, das hat "Ratchet und Clank: Rift Apart" eindrucksvoll bewiesen. Die Playstation 4 kann das aber nicht und so muss man auch als Besitzer der PS 5 Ladezeiten über sich ergehen lassen.
Diese hat Santa Monica Studios zwar recht geschickt kaschiert, aber die Gespräche im Geäst des Weltenbaums, während man auf ein Tor in die andere Welt wartet, sind insgesamt doch nur mäßig interessant. Auch in den Levels gibt es immer wieder künstliche Barrieren, die Abschnitte voneinander trennen und so ein Nachladen ermöglichen, aber auch das Spieltempo senken.
Und bei aller Grafikpracht muss man sagen, dass God of War Ragnarök wohl die Möglichkeiten der Playstation 5 nicht zur Gänze ausreizt. Hier hat die Matrix-Awakening-Demo der Unreal-5-Engine gezeigt, was möglich ist und dass uns hier noch ganz andere Grafilkbrecher auf der Playstation 5 erwarten werden.
Technische Probleme traten kaum auf, zwar aktivierte hin und wieder ein Trigger nicht, sodass ein Kampf nicht startete und einmal wiederholte Atreus ständig dieselbe Dialogzeile. Dank der zahlreichen Rücksetzpunkte und der schnellen Ladezeiten auf der Playstation 5 ist es aber auch kein Problem, bei solchen Wehwehchen kurz zurückzuspringen.
Anpassungsfähiges Gameplay
Toll finden wir das mit Optionen vollgestopfte Menü, in dem man viele Aspekte des Spiels anpassen kann: Sie mögen keine Quick-Time-Events? Abschalten oder vereinfachen ist kein Problem. Sie wollen nicht jedes mal zum Klettern auf dieselbe Taste drücken? OK, die Spielfigur klettert automatisch.
Und auch für Menschen mit Handicap gibt es zahlreiche Einstellungen, um das Spiel dennoch genießen zu können.
Auf Wunsch umfangreich, aber nur selten langweilig
Wir spielten knapp 40 Stunden mit Kratos und Atreus und hatten dabei recht viele der abwechslungsreichen Nebenquests erledigt.
Unsere Ausrüstung war fast auf der Maximalstufe, sodass es kaum mehr motivierend war, noch weitere Sammelaufgaben zu erfüllen. Wobei man sagen muss, dass auch die Nebenquests teilweise sehr interessante Geschichten erzählen, die Welten noch tiefer beschreiben und die Interaktion zwischen den Helden auch das Erkunden immer wieder kurzweilig machte.
Die Hauptstory braucht circa 20 Stunden und ist dank zahlreicher Wechsel der Perspektive sehr spannend erzählt. Sehr gut geschrieben Charaktere und atemberaubende Sequenzen gibt es immer wieder. Freunde und Feinde sind teilweise gar nicht so leicht zu durchschauen und verhalten sich glaubwürdig. Wenn es mal emotional wird, trifft God of War Ragnarök den Ton meist richtig gut, ohne gleich kitschig zu werden.
Klar, wer den alten, rachsüchtigen Kratos mit seiner eher schlichten Haudrauf-Mentalität mochte, der wird vielleicht mit ihm als etwas emotionalerer Vaterfigur seine Probleme haben. Aber aus unserer Sicht war Kratos noch nie eine so einfache Figur, eigentlich sah man ihm schon immer an, wie er mit seinem Schicksal haderte. Das machte ja, unter anderem, auch die alten God-of-War-Spiele so genial.
Restlos überzeugen können uns die Schauspieler der Figuren, die ihnen per Motion-Capture Leben einhauchen und ebenso die englischen wie deutschen Sprecher: Alles wirkt passend, nie ist ein Satz falsch betont. Die deutsche Übersetzung ist bis auf sehr wenige Stellen ebenfalls exzellent. Die Bezeichnung "Ragnarök freischalten" für eine Quest fanden wir aber angesichts der sehr epischen Aufgabe dann doch etwas unpassend.
Unser Fazit
God of War Ragnarök ist ein großartiges Action-Adventure. Wer den ersten Teil des Reboots mochte, der kann sowieso bedenkenlos zugreifen: Die nochmals verfeinerte Erzählweise mit Perspektivenwechseln und Ausflügen in ganz neue Gebiete ist hervorragend gelungen. Wer den Vorgänger noch nicht gespielt hat, der sollte das vor dem Start von Ragnarök entweder nachholen, oder zumindest eine Zusammenfassung anschauen, das Spiel wirft einen mitten in seine Geschichte.
Klar, es gibt gelegentliches Backtracking in den Levels. Die fühlen sich teils etwas schlauchförmig an und manche sehr coole Features, wie der Wechsel der Tageszeiten, werden spieldesigntechnisch kaum genutzt. Die Gegnervielfalt ist höher als beim Vorgänger, dennoch bekämpft man immer mal wieder dieselben Viecher inklusive der immer selben Todesanimationen. Allerdings gilt das vor allem, wenn man viele der gut erzählten Nebenquests macht, in der Hauptstory ist die Gegner-Abwechslung gut gelungen.
Technisch ist God of War Ragnarök sehr gut, aber nicht perfekt gelungen. Besonders auf der Playstation 5 muss man bei den Ladezeiten Kompromisse eingehen, da das Game auch auf der PS 4 erscheint. Die grafisch eindrucksvollen Level, der tolle Sound und die hervorragenden Schauspieler gleichen das aber wieder aus.
Obwohl wir anfangs recht skeptisch waren, hat uns God of War Ragnarök voll abgeholt. Und auch, wenn es das eine oder andere Action-Adventure-Klischee erfüllt wie "Arbeite Symbole auf der Karte ab" oder "Finde X Blumen in der Welt", so erschafft es doch glaubwürdige, sehr hübsch anzuschauende Welten und Charaktere, die einem ans Herz wachsen. Selbst der brummige Alt-Kriegsgott Kratos.