OnePlus Watch im Test: Ein paar Kinderkrankheiten gibt es da schon noch
Gehäuse und Ausstattung – Verzicht auf Always-on-Display
Bei seiner ersten Smartwatch hat sich OnePlus für das runde Design einer traditionellen Uhr in 46 mm entschieden. Von Beginn an gibt es mit einer Classic Edition und einer limitierten Kobalt Edition zwei Varianten. Beide sind nach IP68 zertifiziert und bis 5 ATM wasserdicht.
Die Klassik-Edition fertigt OnePlus hochwertig aus Edelstahl, wahlweise in Anthrazit (Midnight Black) oder Silber (Moonlight Silver). Von zwei seitlichen Tasten ist die obere mit dem OnePlus-Schriftzug gebrandet. Das 22-mm-Band mit Schnellverschluss und einer Apple-ähnlichen Schließe ist bei der Classic-Edition aus Fluorelastomer. Auch der Limited Cobalt Edition liegt das sportliche Armband bei, montiert ist hier aber ein Lederband mit Butterfly-Schließe.
Das 2,5D-Glas rundet OnePlus zum Rahmen hin ab. Bei der Kobalt-Limited Edition ist es zudem ein speziell behandeltes Saphirglas mit einer Mohs-Einstufung von 9. Die soll neben der hohen Kratzfestigkeit auch eine bessere Helligkeit gewährleisten. Bei der Bildrate spricht OnePlus stolz von 50 fps. Dass sie der schicken Smartwatch in der Praxis einen merklichen Vorteil verschafft, etwa beim Scrollen durch die Apps oder ein Workout-Protokoll, können wir allerdings nicht behaupten. Im Gegenteil: Beim Betrachten der Daten in der Activity-App sprang die Anzeige beim eigentlichen Vorblättern gelegentlich um eine Seite zurück anstatt weiter. Auf ein Always-on-Display verzichtet OnePlus bei seiner ersten Smart Watch. Zunächst, denn wie der Produktmanager von OnePlus in einem Blog-Post verkündete, denkt man darüber nach, den Modus nachzureichen.
Für das Display und alle leistungfordernden Prozesse ist der in den Spezifikationen ausgewiesene ST32 zuständig. Für ein möglichst effizientes Ressourcen-Management kommen zwei weitere Prozessoren zum Einsatz: Ein Apollo 3 mit geringem Stromverbrauch als Plattform für die Tracking-Sensoren, und ein Cypress-Chip für Kommunikationsfunktionen wie die Bluetooth-Telefonie.
NFC erwähnen die Chinesen nur in Verbindung mit der Version in der Heimat China, wo sie mobiles Bezahlen und die Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel unterstützt. Global integriert OnePlus GPS, Lautsprecher und Mikrofon sowie 4 GB Speicher. Davon stehen 2 GB für Offline-Musik auf der Watch zur Verfügung.
Einrichtung und Bedienung – Mit Bluetooth-Telefonie
Die Kompagnon-App OnePlus Health gibt es bislang nur im Play-Store, eine iOS-Version ist aber wahrscheinlich. Nach dem ersten offiziellen Update der App, die wir zu Beginn über einen Download-Link erhielten, konnten wir die Workout-Protokolle nicht mehr öffnen und waren froh, dass wir relevante Screenshots schon vorher erstellt hatten.
Nach der Einrichtung eines OnePlus-Kontos, sofern man noch keins hat, weist OnePlus dem Anwender eine Zahlenkette als Nutzername zu. Den kann man online auf oneplus.com einmalig ändern und ein Profilfoto ergänzen. Beides erreichte im Testzeitraum aber nicht die Smartphone-App, die weiterhin nur die Nummer anzeigte.
Über die App richtet man die Benachrichtigungen und das Gesundheits-Monitoring ein, gibt an, auf welcher Seite man die Uhr trägt und lädt weitere Zifferblätter auf die Uhr. Bis zu 14 speichert sie zeitgleich. Unter den 10 vorinstallierten ließen sich bei einem die Komplikationen personalisieren und beispielsweise mit Wetterinfos oder der Anruffunktion belegen. Eine Funktion KI-Outfit, die das Zifferblatt vermutlich aus den Farben und Mustern einer Aufnahme generiert, war im Testzeitraum noch nicht aktiv, die Möglichkeit, ein Foto direkt als Hintergrund zu verwenden, dagegen schon.
Während die App überwiegend ins Deutsche übersetzt war, kannte die Watch-Software Deutsch noch nicht, was sich bis Marktstart sicher noch ändern wird.
Man aktiviert die Anzeige, indem man einen der beiden Knöpfe drückt oder den Arm anhebt, jedoch nicht durch Antippen des Displays. Gelegentlich reichte der Elan beim Armheben nicht aus, und das Display blieb bis zu einer schwungvollen Wiederholung noch dunkel.
Wischt man vom Zifferblatt aus nach links, öffnen sich drei Widgets für Player, Pulsdiagramm und Schlafdauer der letzten Nacht. Weitere Widgets gibt es bislang nicht, und auch die Reihenfolge kann man nicht ändern. Die untere Taste lässt sich personalisieren, die obere öffnet die App-Übersicht. Darunter ist weder ein Mail-Programm noch ein Kalender: Termine machen lediglich über die Benachrichtigungen des Smartphones auf sich aufmerksam.
Anfänglich hatte OnePlus mit Googles Smartwatch Betriebssystem WearOS geliebäugelt. Seitens der Hardware wäre man mit Lautsprecher, Mikrofon und dem vermutlich nur lahm gelegten NFC-Chip auch für Google Pay und den Google Assistant bereit gewesen. Der für WearOS-Uhren typischen schwachen Laufzeit wegen entschied sich das Unternehmen dann aber für das Betriebssystem RTOS, das sich nicht um zusätzliche Apps erweitern lässt. Die Wünsche einiger Nutzer, die OnePlus Watch mit Strava zu verbinden, bleiben daher zunächst unerfüllt. Theoretisch möglich wäre das alternativ über eine Verknüpfung des Benutzerkontos.
Musik
Einen weiteren vielfach geäußerten Nutzerwunsch, nämlich die Integration von Spotify, bedient die OnePlus Watch zumindest damit, dass der installierte Musik-Player in der Lage ist, die auf dem Smartphone gerade aktive Musik-App zu steuern. Das kann der interne Smartphone-Player oder eben auch die Deezer- oder Spotify-App sein. Zusätzlich überträgt die Health-App Musiktitel in den Formaten MP3 und AAC in einen 2 GB-großen Bereich des internen Speichers. Auf der Watch gespeicherte Musik gibt die smarte Uhr über ihren Lautsprecher oder ein Bluetooth Headset aus. Im Test diente hierfür ein Knochenschall-Headset von Aftershokz.
Eine Fernbedienung für die Smartphone Kamera war auf dem Testgerät nicht installiert. Wohl aber eine Remote für OnePlus TV, um dessen Lautstärke zu regulieren oder es auszuschalten.
Telefonie und Benachrichtigungen
Eingehende Telefonate kann man über die OnePlus Watch annehmen oder abweisen. Bei Annahme des Gesprächs telefoniert man entweder über ein verbundenes Headset oder über den integrierten Lautsprecher und das Mikrofon. Für die Anwahl stehen die Anrufliste und ein Nummernpad zur Wahl oder eine Kontaktliste, der man über die App 30 Kontakte zuweisen kann.
Auf Nachrichten aus den sozialen Netzwerken kann man mit einer von 4 Standardantworten reagieren. Die Emojis unserer an sich bildreichen Testnachricht verschluckt die OnePlus Watch.
Gesundheit und Fitness – Mehrere Grafiken noch fehlerhaft
Der smarte Fitness-Tracker zählt Schritte, ermittelt die Distanz sowie überwundene Höhenmeter und die verbrauchten Kalorien. Die Health-App stellt auf Wunsch eine Verbindung zu Google Fit her. Im Testzeitraum übertrug sie allerdings nur die Aufzeichnung des Pulssensors und nicht die Schlafdaten, die Google Fit im Normalfall ebenfalls empfängt.
Herzfrequenz, Herzfrequenzvariabilität und Blutsauerstoffsättigung
An einigen Stellen sind die Diagramme der Health App noch nicht ausgereift und sogar fehlerhaft. So ist beispielsweise das untere Diagramm im rechten Screen leer und der Titel "Trainingseinheiten" darüber falsch: Die Zahlen weisen darauf hin, dass das Diagramm die Stunden zählt, in denen man sich bewegt und nicht nur gesessen hat – allgemein auch als Stehziel bezeichnet. Die Intensiv- oder Trainingsminuten weist zudem bereits eines der Diagramme darüber aus.
Die Herzfrequenz misst der OnePlus-Tracker auf Wunsch rund um die Uhr und erhöht optional während des Trainings das Messintervall. Auch hier sind wir nicht ganz zufrieden, denn die Aufzeichnung weist Lücken auf in Zeiten, in denen die Uhr fest am Handgelenk saß. Ein EKG erstellt sie nicht.
Das Messen der Sauerstoffsättigung des Blutes (SpO2) erfolgt nachts automatisch. Beim zugehörigen Diagramm variiert Skalierung der X Achse wie an den beiden rechten Screens unten zu erkennen: Wenn man die Sättigung tagsüber nicht misst, umfasst sie lediglich nächtliche Aufzeichnung, wie im rechten Screen. Andernfalls erhöht sich die Zeitachse auf 24 Stunden, um die manuellen Messungen zu ergänzen wie im Bild links daneben. Hier stimmt dann allerdings der Hinweis "keine Aufzeichnungen" unter "Manuelle Messungen" nicht.
Die Wochen- und Monatsansicht zeigt zusätzlich einen Eintrag "Niedrige SpO2." Ein dediziertes Protokoll über eine niedrige Sättigung finden wir auch bei der Huawei Watch Fit. Während man den Grenzwert dort verändern kann, fixiert ihn OnePlus auf 90 %.
Bei aller Kritik an der Datenaufbereitung: Die Erfassung erledigte das Testgerät gut. Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung wichen in unseren Messreihen nur geringfügig von den Referenzwerten ab, die ein medizinisch zertifiziertes Pulsoximeter und ein Brustgurt lieferten.
Schlafprotokoll
Soweit nachvollziehbar, notiert die Smart Watch sowohl die Einschlaf- und Aufwachezeiten korrekt, als auch kurze nächtliche Wachphasen. Die Watch summiert die Schlafphasen und visualisiert ihren Wechsel anschaulich in einem Kreisdiagramm.
Die Smartphone-App bewertet den Schlaf detailliert und ergänzt zum Diagramm den Verlauf der Sauerstoffsättigung. Messwerte unter 90 % kennzeichnet das Protokoll farblich.
Trainingsaufzeichnung
Über lediglich 14 verschiedene Workout-Modi dürfte so mancher Nutzer enttäuscht sein. Konkret gehören dazu Laufen, ein Fettverbrennungslauf, Gehen, Wandern, Cross-Country, Radfahren drinnen und draußen, Schwimmen, Ellipsen-Trainer, Rudermaschine, Badminton, Cricket, Yoga und ein freies Training
Über mögliche Ziele wie den angestrebten Kalorienverbrauch, ein Zeit- oder ein Distanzziel hinaus kann man zudem wenig einstellen. Eine Ausnahme ist Schwimmen, wo man nicht nur die Bahnlänge spezifizieren kann: Im Becken ermittelt der Tracker laut Hersteller neben Puls, Distanz, Kalorien und Geschwindigkeit auch die SWOLF-Effizienz.
Aktiviert man in der Health-App die automatische Workout-Erkennung, schlägt die Watch beim Laufen vor, die Aktivität zu protokollieren und zeichnet die Route auf. Auf einer 4,68 km langen Standardrunde, die wir mit jedem Fitness-Tracker absolvieren, kam die OnePlus Watch bei einem regulär gestarteten "Fettverbrennungslauf" allerdings mit einer Differenz von 250 m nur auf 4,43 km. Bei anderen Trackern mit integriertem GPS bewegt sich die Abweichung auf der gleichen kurzen Strecke bislang zwischen 30 bis 60 m.
Auf einer Fahrrad-Tour, die Komoot mit exakt 25 km ausweist und die Apple Watch mit 25,19 km trackte, fehlten der OnePlus Watch dagegen vergleichsweise geringe 300-400 m. Allerdings lässt sich die Distanz in dieser Größenordnung ohnehin schlechter vergleichen.
Akkulaufzeit
OnePlus gibt die Laufzeit für ein durchschnittliches Nutzungszenario mit bis zu 14 Tagen an, 25 Stunden sind laut Hersteller mit permanent aktivem GPS möglich.
Weil sich die Angaben der Hersteller in der Regel auf eine Verwendung ohne Always-on-Display bezieht, dessen Aktivierung die Laufzeit aber wesentlich beeinflusst, aktivieren wir den Modus in unseren Praxistests, um auch für den vom Hersteller nicht genannten Fall eine etwaige Laufzeit zu ermitteln.
Die OnePlus Watch hat allerdings kein Always-on-Display, und so können wir nur die Herstellerangabe validieren. Aus mehrfachen Hochrechnungen im Laufe des Tests geht für Tage mit geringer Nutzung ein Verbrauch von etwa 8 % hervor und 15-20 % an Tagen mit starker oder GPS-Nutzung. Nach 4,5 Tagen hatte der Akku die Hälfte seiner Kapazität eingebüßt. In diesem Zeitraum war GPS für 2,5 Stunden aktiv.
Warp Charge lädt die Uhr laut OnePlus in nur fünf Minuten für einen ganzen Tag, 20 Minuten auf dem magnetischen Pogo-Pin-Adapter sollen für eine Woche reichen.
Fazit
OnePlus ermöglichte den Test bereits vor dem offiziellen Markstart, das ist bei Wearables leider nicht Usus. So ist es wenig verwunderlich und sollte nicht überbewertet werden, dass wir im Test noch so manche Kinderkrankheit gefunden haben.
Soweit es die Software betrifft, die Ergänzung fehlender Schlafdaten in Google Fit beispielsweise, die Grafikfehler der Health-App oder auch die wenigen Watch-Widgets, lässt sich einiges noch per Update justieren. Auch zu einem Always-on-Display, das es erstmal nicht gibt, nahm OnePlus bereits Stellung und zieht in Erwägung, es nachzuliefern. Wer die Laufzeit verlängern will, kann es dann ja immer noch deaktivieren.
Anders verhält sich das mit der Hardware. So gut, wie die Sensoren Herzfrequenz und Sauerstoffsättigung messen – präziser als viele andere aktuellen Fitness Trecker – so weit abgeschlagen liegt die durch das integrierte GPS ermittelte Distanz neben der tatsächlichen. Zumindest, soweit ist unser Testgerät betrifft.
Für sich betrachtet, finden wir die OnePlus Watch als Begleiter im Alltag gut gelungen.
Vergleichen wir die OnePlus Watch mit einer Huawei Watch GT 2 Pro, leistet sie weniger, kann aber optisch mithalten und startet mit einer wesentlich niedrigeren UVP. In der gleichen Preisregion und darunter leistet eine Xiaomi Mi Watch mit ihren über 100 Sportprogrammen und professionellen Analysen mehr als die von OnePlus, wenn man im Bereich der Kommunikation die Bluetooth-Telefonie gegen den Sprachassistenten etwa gleich setzt. Optisch hält die Xiaomi-Watch mit dem Edelstahlgehäuse der OnePlus Watch allerdings nicht mit. Das gilt auch für die meisten anderen Smartwatches unter 200 Euro.
Preis und Verfügbarkeit
Die Classic Version der OnePlus Watch hat eine UVP von 159 und ist ab dem 14. April 2021 sowohl bei Amazon verfügbar wie alternativ auf oneplus.com. Der allgemeine Verkauf beginnt am 30. April 2021.
Preisvergleich
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