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Kommentar | PKW schleudert Fußgängerin vor autonomes Cruise-Fahrzeug, aber Medien thematisieren oft Letzteres

Cruise-Fahrzeuge in San Francisco. (Foto: Cruise)
Cruise-Fahrzeuge in San Francisco. (Foto: Cruise)
Wer nur die Headline diverser Publikumsmedien liest, der wird erfahren haben, dass eine Fußgängerin von einem autonomen Fahrzeug angefahren wurde. Dass hier auch Fahrerflucht begangen wurde, liest man erst später.
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Kritiker des autonomen Fahrens dürfte vor allem eine Schlagzeile derzeit ins Auge fallen. Ein autonomes Vehikel von Cruise hat in San Francisco eine Fußgängerin eingeklemmt. So berichten es etwa ABC News, der Deutschlandfunk sowie die deutsche Ausgabe der Wallstreet Online und die Börsennews Online als Beispiele für die Übernahme von Agenturmaterial der DPA.

Doch es gibt auch differenzierte Berichterstattung über die Schlagzeile, die auf die Komplexität des Vorfalls hinweist. NBC berichtet etwa von einem Autofahrer, der einen Fußgänger in Richtung eines autonomen Fahrzeugs schleudert. Die Schlagzeile ist mit "Hit-and-run driver strikes pedestrian, tossing her into path of Cruise car in San Francisco" allerdings besonders lang. Auch der San Francisco Chronicle wählt eine komplexe Headline mit: "Driver hits woman in S.F., then Cruise driverless car runs her over; photo shows victim trapped". Hier ist an der Abkürzung S.F. sogar zu erkennen, dass die Schlagzeile schon zu lang ist. Etwas, was ein Journalist lernt normalerweise zu vermeiden.

Die Wahl der Headline, mal mit eindeutigem alleinigen Bezug auf Cruise und mal differenziert, hält sich grob die Waage. Für den Leser wird jedoch in vielen Fällen suggeriert: Hier hat offenbar ein autonomes Fahrzeug eine Fußgängerin überfahren. Das wird sich bei vielen festsetzen, die den Artikel nicht gelesen haben. Doch in tatsächlich ist die Situation erheblich komplizierter, als viele Schlagzeilen es darstellen können.

Fußgängerin wurde vor autonomes Fahrzeug geschleudert

Mehreren übereinstimmenden Medienberichten zufolge wurde eine Fußgängerin zunächst von einem manuell gefahrenen PKW angefahren. Sie wurde anschließend in den Weg des autonomen Taxis geschleudert, welches sie dann überfuhr und einklemmte. Wer auch immer das erste Fahrzeug steuerte, begang obendrein Fahrerflucht, statt dem Unfallopfer zu helfen. Nach Angaben von SF Chronicle wird derzeit nach dieser Person gesucht.

Diskussionen um die Sicherheit von autonomen Fahrzeugen bleiben natürlich weiterhin legitim. Das gilt insbesondere für die Bay Area, wo viele Tests eben auch in Live-Umgebungen durchgeführt werden. Der hier vorliegende Fall dürfte sich aber nur bedingt für entsprechende Diskussionen eignen. Dafür gab es in der Vergangenheit schon Beispiele.

Nichtsdestotrotz dürfte der Vorfall auch für autonome Fahrzeuge von Bedeutung sein. Denn die Frage, ob die KI des Fahrzeugs in diesem sehr besonderen Vorfall korrekt gearbeitet hat oder gar besser arbeiten könnte, bleibt offen. In jedem Fall blieb das Fahrzeug den Berichten nach sofort stehen und fuhr nicht etwa einfach weiter. Die spannende Frage ist, wie ein Mensch in dieser Situation reagiert hätte. Doch das lässt sich wohl auf lange Zeit nicht beantworten. Solche Untersuchungen benötigen viel Zeit.

Schlagzeile reicht nicht immer für Wertung

Solche Vorfälle sind im Journalismus nicht selten. Beim Versuch, eine möglichst ansprechende Headline zu finden, geschehen solche Fehler. Das Problem bei dieser Art der Berichterstattung: Es ist normal, dass viele nur die Schlagzeilen lesen und darauf basierend aussuchen, welche Artikel sie tatsächlich lesen. Dementsprechend bleibt auch der Umstand hängen, dass es einen Unfall mit einem autonomen Fahrzeug gab. Das mag zwar formal korrekt sein, doch der mutmaßliche Verursacher wird dabei ausgeklammert.

Das zeigt auch, wie vorsichtig man eigentlich bei Formulierungen sein muss. Ähnliches passiert bei der Berichterstattung zu Fahrradunfällen. Nicht selten liest man in den Medien, dass etwa ein Fahrradfahrer, vermeintlich aktiv, gegen eine Autotür fährt, obwohl sich eigentlich die Tür vor einem Fahrrad geöffnet hat.

Zuletzt wurde groß von einem auf einem Schiff ausgelösten Brand von Elektroautos berichtet. Die Freemantle Highway trug zwar zahlreiche Elektroautos, doch gebrannt haben sie nach derzeitigem Stand nicht. Wobei auch hier ein paar Feinheiten zu beachten sind. Denn bei der Bergung eines Fahrzeugs auf der beschädigten Freemantle Highway brannte ein Mercedes, wie Maritim Executive berichtet. Aber erst bei der Bergung.

In den Köpfen hat sich dennoch festgesetzt, dass Elektroautos gefährlich sind und ein Schiff nahezu zum Kentern gebracht haben. Manche Medien starteten ganze Artikelserien über die Gefahr von Elektroautos im Bezug auf die Freemantle Highway.

Nach derzeitigen Erkenntnissen brannte nur ein Elektrofahrzeug auf der Freemantle Highway. Aber erst nachdem das Schiff in einen Hafen geschleppt wurde. Alle anderen Elektrofahrzeuge konnten unbeschädigt von Bord gebracht werden. Die Ursache des Brandes ist freilich noch nicht geklärt. Auch das braucht Zeit.

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Autor: Andreas Sebayang,  3.10.2023 (Update:  5.10.2023)