Test OCZ Vertex 450 SSD 256 GB
OCZ war einer der ersten Hersteller von Solid State Drives, allerdings musste sich der Hersteller bei der wichtigsten Komponente, dem Controller, in der Vergangenheit immer bei externen Zulieferern wie Indilinx oder SandForce bedienen. Im Jahr 2011 hat OCZ schließlich Indilinx übernommen - die harte Arbeit hat sich gelohnt und OCZ kann nun endlich eigene Controller verwenden und damit in direkte Konkurrenz zu den Produkten von Samsung, Intel und LSI (SandForce) treten.
Wenn man bedenkt, dass OCZ im Vergleich zu Intel und Samsung eine relativ kleine Firma ist, ist es umso beeindruckender, dass der Hersteller mit diesen Technologiegiganten leistungstechnisch konkurrieren und diese manchmal sogar übertrumpfen kann. Zumindest hat OCZ mit der Vector (siehe Test) genau das geschafft, die SSD ist weiterhin ein sehr starker Konkurrent zu den besten Solid State Drives der führenden Konkurrenz.
Allerdings reicht ein konkurrenzfähiger Controller allein nicht aus, der Kostenfaktor spielt eine ebenso wichtige Rolle. Die Vector ist nicht mehr ganz so verlockend, wenn der Preis über vergleichbaren High-End-Produkten, wie z.B. Samsungs 840 Pro, liegt.
An diesem Punkt kommt die Vertex 450 ins Spiel. Das Laufwerk verwendet eine neue Version des Barefoot 3 Controllers aus der Vector und trägt die Bezeichnung Barefoot 3 M10. Dank einer geringeren Taktfrequenz (um die Ausbeute in der Fabrik zu verbessern) und den günstigeren 20 nm Flashmodulen von Micron anstatt der 25 nm Module der Vector, kann OCZ ein günstigeres Laufwerk anbieten ohne große Leistungsverluste hinnehmen zu müssen.
Der Lieferumfang der Vertex 450 besteht aus dem Laufwerk selbst, einem 3,5"-Adapter, um die 2,5"-SSD in einem Desktop-PC zu verbauen (inkl. Schrauben), einer Halterung für Notebooks (7 mm auf 9 mm) sowie einer Installationsanleitung und einem Sticker. Weiterhin erhält der Käufer eine kostenlose Version von Acronis True Image, um vorhandene Inhalte auf die neue Vertex 450 zu kopieren. Allerdings ist nur der Lizenzschlüssel enthalten, die Software selbst muss aus dem Internet heruntergeladen werden. Die SSD befindet sich in einem gutaussehenden und robusten Aluminiumgehäuse, wodurch sich das Gewicht allerdings auf vergleichsweise schwere 115 g erhöht.
Iim Vergleich zum Vorgänger wurde der Takt leicht reduziert, der Barefoot 3 M10 (IDX500M10-BC) verzichtet zugunsten des Energieverbrauches auf etwas Leistung. Allerdings sollten die Unterschiede in beiden Fällen marginal sein. Ein weiterer Unterschied ist der Wechsel von 25 nm NAND Flashspeicher auf 20 nm Module von Micron. Jede Reduzierung der Fertigungsgröße reduziert auch die Anzahl der Programmier-/Löschzyklen und damit die Lebensdauer. Allerdings ist das hauptsächlich ein theoretisches Problem, das Laufwerk sollte problemlos mehreren Jahren intensiver Benutzung standhalten.
Testsystem
Wie auch bei anderen SSD-Tests verwenden wir einen Desktop PC, in diesem Fall mit einen Intel Core i7-3770K Prozessor, einem Gigabyte Z77N Mainboard, 16 GB 1.600 MHz RAM und einer AMD Radeon 7850 Grafikkarte. Hierbei sollte beachtet werden, dass sich das Testsystem von unseren bisherigen SSD-Tests unterscheidet. Die SSD hängt am ersten SATA-3-6Gbps-Anschluss (Anschluss 0) und das Betriebssystem ist Windows 8 Pro.
Synthetische Benchmarks
Sequentielle Datenraten
Mittlerweile limitiert die 6-Gbps-SATA-Schnittstelle die sequentiellen Transferraten von modernen SSDs, für mehr Leistung müssen entweder Raid-Verbände oder die PCI-Express-Schnittstelle verwendet werden. Der AS SSD Benchmark ist ein sehr vielseitiger und nützlicher Test, allerdings hat er auch recht große Fehlertoleranzen. Unsere Vertex 450 schafft 506 MB/s beim sequentiellen Lesen - unter Berücksichtigung der Messgenauigkeit ist das Resultat vergleichbar mit anderen High-End-Laufwerken.
Das Ergebnis beim sequentiellen Schreiben ist nicht weniger beeindruckend mit 492 MB/s. Beim CrystalDiskMark sind die sequentiellen Datenraten sowohl beim Lesen als auch beim Schreiben etwas geringer mit 468 MB/s bzw. 489 MB/s. Laut HD Tune sind die Ergebnisse auf einem Level mit der Vector und der Vertex 4 und damit auch leicht hinter der Konkurrenz.
Das Diagramm auf der rechten Seite vergleicht die Leistung der Vertex 450 mit der Vector unter (unrealistischen) idealen Einsatzbedingungen. Es ist schnell ersichtlich, dass beide Laufwerke den gleichen Controller verwenden, wobei die Vertex 450 minimal langsamer ist als ihr Vorgänger.
Im Gegensatz zu SandForce Controllern, wie z.B. dem SF-2281, benötigt der Barefoot 3 Controller keine kompressiblen Daten um die höchsten Datenraten zu erreichen. Wie schon bei der Vector arbeitet der Controller erstaunlich gut, und zwar unabhängig von der Komprimierung. Die Unterschiede zu einer SandForce-basierten Intel SSD 520 sind leicht ersichtlich.
ATTO Datenraten
ATTO ist ein sehr alter aber auch nützlicher Test um die maximale Leistung für verschiedene Blockgrößen festzustellen. Die Geschwindigkeiten ab 4 KB aufwärts, also grundsätzlich die Wichtigsten, sind exzellent, allerdings bricht die Leistung bei 32 KB reproduzierbar ein. Dieses Problem konnten wir auch schon bei der Vector feststellen.
4K-Datenraten
Hinsichtlich der 4K-Datenraten hinterlässt die Vertex 450 einen gemischten Eindruck. In einigen Bereichen fällt sie hinter die Konkurrenz zurück, in anderen Bereichen kann sie die Führung übernehmen. Sie kann einen beachtlichen Vorsprung bei dem 4K Schreibtest von AS SSD vorweisen, ist aber gleichzeitig deutlich schlechter bei dem identischen Test von CrystalDiskMark.
Zugriffszeiten
Verglichen mit mechanischen Festplatten sind die Zugriffszeiten von aktuellen SSDs verschwindend gering. Die Vertex 450 kann dabei nicht ganz mit den Lesezugriffszeiten der Vector mithalten, ist aber gleichauf beim Schreiben.
* ... kleinere Werte sind besser
PCMark System Performance
Bei unseren PCMark Resultaten spielt das neue Testsystem eine wichtige Rolle. Da wir nun Windows 8 Pro als Betriebssystem verwenden, verzichten wir auf den PC Mark Vantage, da er nicht vernünftig unter dem neuen Betriebssystem funktioniert.
Bei PCMark 7 interessieren wir uns für das Zwischenresultat der Speicherlösung. Die Vertex 450 ist gleichauf mit der Vector und kann, mit Ausnahme der Samsung 840 Pro, alle anderen Laufwerke übertrumpfen.
Leistungsabfall
Leistungseinbrüche bei zunehmender Laufzeit betreffen alle SSDs. Moderne SSD Controller versuchen diesem Problem mittels Wear-Leveling (Verschleißausgleich), Speicherbereinigung und anderen komplexen Prozessen entgegenzuwirken. Der Erfolg dieser Maßnahmen kann dabei sehr unterschiedlich sein.
Das Problem wird dabei verschlimmert je voller das Laufwerk ist, da es weniger freien Speicher für die Verteilung der Programmier-/Löschvorgänge gibt. Laufwerke mit großer Kapazität bzw. überdimensionierte Laufwerke haben hierbei einen Vorteil, der zusätzliche freie Speicher reduziert das Problem der "Write Amplification".
Um zu sehen, wie die SSD mit diesen Problemen umgeht, verwenden wir einen Stresstest. Mit dem "IOMix"-Profil von IOMeter werden 60 Minuten lang wiederholt Daten auf das gesamte Laufwerk geschrieben und gelesen. Vor und nach dem Test ermitteln wir die Leistung mittels AS SSD. Im Gegensatz zu überdimensionierten Laufwerken zeigt die Schreibgeschwindigkeit der Vertex 450 deutliche Leistungseinbrüche. Die 4K-Datenraten (Lesen und Schreiben) werden davon jedoch kaum beeinflusst.
Praxistests
Im Alltag ist es eher unwahrscheinlich, dass man einen Unterschied zwischen aktuellen High-End-SSDs feststellt. Der Bootvorgang von Windows ist solch ein Vorgang, bei dem alle SSDs konventionellen Festplatten deutlich überlegen sind, die Unterschiede zwischen den einzelnen Modellen sind allerdings sehr gering. Wenn man POST (power-on self-test) nicht mitrechnet, ist der Windows 8 Desktop in weniger als 10 Sekunden einsatzbereit.
Die Situation ist ähnlich beim Starten von Programmen oder Spielen. Die Unterschiede zu einer herkömmlichen Festplatte sind deutlich spürbar, zwischen den verschiedenen SSDs zu differenzieren stellt sich aber als sehr schwierig heraus. Die Toshiba MK6461GSYN (640 GB und 7.200 U/min) Notebook-Festplatte braucht zum Beispiel rund 72 Sekunden um die Einzelspielerkampagne von Battlefield 3 zu starten, während moderne SSDs nur 19-20 Sekunden benötigen. Selbst ältere SSDs sind nicht viel langsamer.
Die Unterschiede sind allerdings deutlicher, wenn man umfangreiche und spezifischere Kopiertests verwendet. Der eingebaute Kopierbenchmark von AS SSD zeigt, dass die Vertex 450 im ISO-Test nicht mit der Vector oder der 840 Pro mithalten kann, gleichzeitig ist sie im Game-Test aber überraschend deutlich überlegen. Die Ergebnisse können sehr stark variieren, allerdings waren die guten Resultate des Game-Tests reproduzierbar.
Stromverbrauch
Wir verwenden zwei Multimeter um den Stromverbrauch von SSDs in verschiedenen Lastszenarien mittels CrystalDiskMark zu überprüfen (Stromstärke und Spannung). Da die Tests mit einem Desktop System durchgeführt werden, entsprechen die Idle-Verbräuche nicht notwendigerweise denen in Notebooks mit DMPI Support, wo die Verbräuche von Laufwerken wie der Samsung 840 Pro auf bis zu 0,04 Watt fallen können.
Genau wie die Vector verbraucht auch die Vertex 450 recht viel Energie im Leerlauf. Der Wert liegt etwas unterhalb der Vector, aber trotzdem deutlich über den Laufwerken von Samsung. Der Energieverbrauch unter Last ist teilweise höher und teilweise niedriger im Vergleich mit der Vector, allerdings fallen besonders die hohen Verbräuche beim sequentiellen Schreiben auf. Im Gegenzug handelt es sich aber um das sparsamste Laufwerk beim Schreiben von 4K-Blöcken.
Der durchschnittliche Stromverbrauch der Vertex 450 ist in Ordnung, allerdings hat der vermeintlich effizientere Barefoot 3 M10 Controller keine großen Auswirkungen auf den Verbrauch unseres Testsystems.
Fazit
Die Vertex 450 ist ein weiterer Schritt für OCZ zur größeren Unabhängigkeit beim Fertigungsprozess. Durch die Übernahme von Indilinx kann der SSD-Spezialist nun eigene Produkte anbieten ohne Controller von anderen Firmen verwenden zu müssen.
Obwohl es sich bei der Vector – dem ersten Topprodukt mit dem eigenen Barefoot 3 Controller - um eine exzellente SSD handelt, war es aufgrund des Preises schwierig mit anderen High-End-Produkten zu konkurrieren. Mit dem Wechsel zu günstigeren Flashmodulen und einer neuen Version des Barefoot 3 Controllers mit niedrigeren Taktraten, versucht OCZ die perfekte Balance zwischen Leistung und Preis zu finden.
Es steht außer Frage, dass die Vertex 450 leistungsmäßig mit den besten Laufwerken am Markt mithalten kann; die wichtige Frage ist aber, ob OCZ es schafft die Preise dauerhaft konkurrenzfähig zu halten um auch preisbewusste Käufer anzusprechen.
Die Vertex 450 trifft im Bereich der High-End-SSDs auf große Konkurrenz, z.B. auf die Samsung SSD 840 Pro. Falls sich die Situation aber zu Gunsten von OCZ entwickelt, könnte die Vertex 450 einen verdienten Spitzenplatz im anspruchsvollen Feld der besten SSDs einnehmen.