Die fortschreitende Elektrifizierung und die damit einhergehende massive Verbreitung von Lithium-Ionen-Akkumulatoren in der E-Mobilität und stationären Energiespeicherung verschärfen die globale Abhängigkeit von primären Rohstoffen. Insbesondere die Gewinnung von Lithium und die umweltkritischen Aspekte bestehender Verfahren erfordern dringend effizientere Recyclingrouten. Die etablierte Pyrometallurgie ist extrem energieintensiv (≥1.400° C), während die Hydrometallurgie den Einsatz aggressiver Säuren und die Entstehung toxischer Abfälle erfordert.
Die Forschenden um Du et al. schlagen in ihrer Publikation "Thermal Runaway Induced Battery Recycling", veröffentlicht auf Advanced Energy Materials, einen fundamentalen Paradigmenwechsel vor: Sie nutzen die in den Alt-Akkumulatoren gespeicherte intrinsische Energie durch einen extern induzierten, aber kontrollierten Kurzschluss. Der daraus resultierende Thermal Runaway (TR) dient nicht länger als Sicherheitsrisiko, sondern als interne Hochtemperaturquelle. Dieser direkte TR-Ansatz erhitzt die Batterie, um die thermische Reduktion der Kathodenmaterialien zu fördern, wodurch die Thermodynamik und die ansonsten träge Kinetik der Elementextraktion verändert werden.
Kritische Prozessparameter und überlegene Effizienz
Die technische Herausforderung liegt in der präzisen Steuerung des Thermal Runaway. Laut der Veröffentlichung ist die Restladung der Batterie der kritischste Parameter. Für die Experimente an einer LiMnNiCoO₂-Zelle (LMNCO-Typ) stellten die Autoren fest, dass eine zu 50 Prozent geladene Zelle in Sekunden 515° C erreichte, während eine volle Ladung 1.100° C hervorrief.
Der ideale Ladezustand für den optimierten Prozess soll bei 70 Prozent liegen. Hier sei lediglich ein minimaler externer Energiebeitrag von 0,28 Megajoule pro Kilogramm Batterie zur Initialisierung erforderlich. Diese Methode soll eine Rückgewinnungsrate von Lithium von bis zu 99,9 Prozent ermöglichen, je nach Batterietyp. Auch Nickel, Kobalt und Mangan sollen effektiv recycelt werden.
Signifikante Senkung von Emissionen und Betriebskosten
Die technologische Neuerung führt zu einer massiven Verbesserung der Umwelt- und Kostenbilanz im Vergleich zu konventionellen Ansätzen.Laut den Autoren soll die Stromeinsparung des Thermal-Runaway-Recyclings im Vergleich zur Pyrometallurgie 97,8 Prozent und gegenüber der Hydrometallurgie 96,1 Prozent betragen. Der Einsatz von Chemikalien wie Salzsäure werde stark reduziert und Wasserstoffperoxid sei nicht mehr notwendig.
In Bezug auf die verursachten Treibhausgase soll der CO₂-Äquivalent-Ausstoß um 54,6 Prozent (vs. Pyrometallurgie) bzw. 44,5 Prozent (vs. Hydrometallurgie) sinken. Ökonomisch resultiere der von den Forschenden vorgeschlagene Prozess in einem Gewinn von rund 1,94 US-Dollar pro Kilogramm Batterie, was die Rentabilität der Hydrometallurgie (1,14 Dollar) und Pyrometallurgie (0,97 Dollar) deutlich übertrifft.
Fazit
Die Forschung liefert somit einen vielversprechenden, faktenbasierten Ansatz für ein ressourcenschonendes und wirtschaftliches Recycling von Lithium-Ionen-Batterien. Die Überführung dieses präzisen, hochenergetischen Labormodells in den industriellen Maßstab erfordert jedoch weitere Evaluierung der Sicherheit und Skalierbarkeit.











