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„Molekularer Tanz“ – Bestandteil der Zellbewegung wurde endlich entschlüsselt, liefert neue Ansatzpunkte für Krebsforschung

Der Prozess des Aktinabbaus ist ein perfektes Zusammenspiel zwischen drei Proteinen, das die Forscher als „molekularen Tanz“ bezeichnen. (Bildquelle: TyliJura via Pexels)
Der Prozess des Aktinabbaus ist ein perfektes Zusammenspiel zwischen drei Proteinen, das die Forscher als „molekularen Tanz“ bezeichnen. (Bildquelle: TyliJura via Pexels)
Wie bewegen sich Zellen eigentlich – etwa, wenn eine Wunde heilt oder Immunzellen Bakterien jagen? Diese Frage beschäftigt Forschende seit Jahren. Ein Team des Max-Planck-Instituts für molekulare Physiologie in Dortmund hat nun entschlüsselt, wie der Abbau von sogenannten Aktinfilamenten genau funktioniert – und damit einen zentralen Mechanismus der Zellbewegung sichtbar gemacht.

Im Inneren jeder Zelle sorgt ein feines Netzwerk aus Eiweißfäden, das sogenannte Zytoskelett, für Stabilität und Form. Besonders wichtig sind dabei die Aktinfilamente: winzige Proteinstränge, die sich ständig auf- und wieder abbauen, um Bewegung zu ermöglichen. Wie dieser Abbau genau abläuft, war bisher unklar.

Ein Team aus Forschenden des Max-Planck-Instituts, geleitet vom Strukturbiologen Stefan Raunser, fand nun heraus, dass drei Proteine – Coronin, Cofilin und AIP1 – dabei in perfektem Zusammenspiel agieren. Die Forschenden beschreiben diesen Prozess als eine Art „molekularen Tanz“, bei dem jedes Protein eine klar definierte Rolle übernimmt. Die Erkenntnisse wurden im Oktober 2025 in der Fachzeitschrift Cell veröffentlicht. 

Zunächst bindet Coronin an das Filament und verändert dessen Struktur leicht, sodass chemische Veränderungen – konkret die Abspaltung von Phosphatgruppen – leichter stattfinden können. Dadurch wird das Filament „reifer“ und empfänglicher für den nächsten Schritt. Dann übernimmt Cofilin: Es verdrängt Coronin und destabilisiert die Struktur weiter. Schließlich tritt AIP1 auf den Plan. Das Protein wirkt wie eine molekulare Zange, die die geschwächten Filamente gezielt auseinanderdrückt und ihren Wiederaufbau blockiert.

Eis und Strom zeigen den Zellentanz

Um diesen Ablauf zu entschlüsseln, nutzte das Team modernste Kryo-Elektronenmikroskopie. Dabei werden die Proteine schockgefroren und mit Elektronenstrahlen abgebildet, wodurch extrem detailreiche 3D-Strukturen entstehen. Insgesamt erstellten die Forschenden über eine Million Einzelaufnahmen und rekonstruierten daraus 16 Momentaufnahmen des gesamten Prozesses.

Das Ergebnis: ein neues, vollständiges Modell des Filamentabbaus, das bisherige Annahmen infrage stellt. Lange galt Cofilin als das Hauptprotein, das die Filamente zerschneidet. Tatsächlich übernimmt diese Rolle aber AIP1. Damit liefert die Studie ein neues Verständnis für die Zellbewegung. 

Bedeutung für Medizin und Forschung 

Die Erkenntnisse sind nicht nur für die Grundlagenforschung interessant. Zellbewegung spielt auch bei Krankheiten wie Krebs oder bei der Immunabwehr eine zentrale Rolle. Besonders bei der Metastasierung – also der Ausbreitung von Krebszellen im Körper – nutzen Tumorzellen ähnliche Mechanismen wie gesunde Zellen bei der Wundheilung. 

Wenn Forschende nun verstehen, wie Proteine wie AIP1, Cofilin und Coronin diese Bewegung steuern, lassen sich eventuell auch Ansatzpunkte finden, um unkontrolliertes Zellwachstum zu bremsen. Langfristig könnte das helfen, Therapien zu entwickeln, die die Ausbreitung von Krebszellen verhindern oder verlangsamen. 

Quelle(n)

CellPress

Bildquelle: TyliJura via Pexels

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Autor: Marius Müller, 13.10.2025 (Update: 13.10.2025)