Bisher galt die Stromerzeugung aus Eis als wenig praktikabel, da reines Eis bei mechanischer Verformung nur eine geringe elektrische Spannung erzeugt. Ein Team um Xin Wen von der Xi’an Jiaotong University in China hat jedoch gezeigt, dass die Zugabe von NaCl die Flexoelektrizität von Eis erheblich steigert. In ihrer Studie, veröffentlicht in Nature Materials, berichten sie:
"We observe a streaming flexoelectricity in polycrystalline ice with NaCl, where the flexoelectric signal is amplified by ionic flows" (Wir beobachten eine Strömungsflexoelektrizität in polykristallinem Eis mit NaCl, bei der das flexoelektrische Signal durch Ionenflüsse verstärkt wird).
Flexoelektrischer Effekt
Der flexoelektrische Effekt entsteht, wenn ein Material durch mechanische Verformung ein elektrisches Signal erzeugt. Reines Eis zeigt diesen Effekt zwar, doch er ist so schwach, dass er bisher keine praktische Bedeutung hatte. Durch das Einfrieren von salzhaltigem Wasser ändert sich dies grundlegend: Jedes Eiskorn wird unterhalb von 0 Grad Celsius von einem hauchdünnen Flüssigkeitsfilm umgeben. Diese mikroskopisch kleinen Kanäle aus Salzlake sind entscheidend für den neu beschriebenen Mechanismus.
Die Wissenschaftler berichten:
„We observe a streaming flexoelectricity in polycrystalline ice with NaCl, where the flexoelectric signal is amplified by ionic flows“ (Wir beobachten eine Strömungsflexoelektrizität in polykristallinem Eis mit NaCl, bei der das flexoelektrische Signal durch Ionenflüsse verstärkt wird).
Wird ein solches Eisplättchen gebogen, wandern die Ionen durch das Netzwerk aus Salzkanälen von der komprimierten zur gedehnten Seite. Bei Umkehr der Biegung fließt der Ionenstrom zurück. So entsteht ein elektrisches Potenzial, das um ein Vielfaches stärker ist als im Fall von reinem Eis.
Einfacher Herstellungsprozess
Der Herstellungsprozess ist denkbar einfach: Salzwasser mischen, in eine Form gießen und einfrieren. Dabei entstehen keine seltenen Elemente oder giftigen Nebenprodukte.Zudem werden keine exotischen Zusätze oder seltene Materialien benötigt. Auch die Forscher betonen den nachhaltigen Charakter ihrer Methode:
„The process requires only salt and water, making it cost-effective and environmentally benign“ (Der Prozess erfordert nur Salz und Wasser, was ihn kostengünstig und umweltfreundlich macht).
Mögliche Anwendungen
Als mögliche Anwendungen nennen die Autoren Sensoren in extremen Umgebungen. In Polarmeeren könnten Bojen durch die ständige Bewegung des Wassers Strom erzeugen, wo herkömmliche Batterien kaum funktionieren und Solarzellen nur eingeschränkt nutzbar sind. Denkbar sind auch Szenarien in der Planetenforschung. Da viele Monde im äußeren Sonnensystem über Eiskrusten verfügen, könnte dieser Mechanismus theoretisch auch dort eine Rolle bei der Energieumwandlung spielen.
Praktische Anwendungen noch offen
Ob und wie Strom aus Eis in praktischen Anwendungen genutzt wird, bleibt derzeit noch offen. Klar ist jedoch, dass die Entdeckung einen bislang wenig beachteten physikalischen Effekt in den Fokus rückt und einen Weg zu neuartigen, nachhaltigen Energiequellen aufzeigen könnte.









