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Stromsparmodus: Deutsche Bahn kann Zuganzeigenbeleuchtung bei Betriebsstörungen nicht reaktivieren

Gleis 20 am 8. April 2024: Trotz aktivem Zugbetriebs ist der Stromsparmodus aktiv. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
Gleis 20 am 8. April 2024: Trotz aktivem Zugbetriebs ist der Stromsparmodus aktiv. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
Ein Zug kommt an, aber der Bahnhofsanzeiger ist scheinbar abgeschaltet? Dann gab es eine unerwartete Änderung im Betriebsablauf, die den Stromsparmodus nicht abschalten kann. Ein Bug ist das aber nicht. Die Funktion befindet sich noch auf der Roadmap.

Dass die Bahnsteiganzeigen im Bahnhof Lichtenberg in der vergangenen Wochen kaum lesbar waren, als dort Züge ankamen, ist kein Fehler. Vielmehr hat die Deutsche Bahn noch keine Funktion programmiert, die bei Betriebsstörungen dafür sorgt, dass der Stromsparmodus deaktiviert wird.

Zwar bekommen die Anzeigen die notwendigen Daten und das Display selbst zeigt diese Daten auch an. Doch die (Abschaltung der) Hintergrundbeleuchtung ist davon unabhängig programmiert. Es gibt programmiertechnisch gesprochen keine If-Then-Else-Anweisung, die bei empfangenen Daten die Hintergrundbeleuchtung reaktiviert.

Auf Nachfrage erklärte die Deutsche Bahn zum Ausfall im Bahnhof Lichtenberg: "In dieser Situation wurde kurzfristig eine Zugankunft disponiert. In der aktuellen ersten Stufe des Energiesparmodus führen kurzfristig disponierte Ankünfte noch nicht zu einer Deaktivierung des Energiesparmodus." Was kurzfristig bedeutet, ist allerdings unklar. Die von Notebookcheck.com gemachten Erfahrungen beziehen sich auf einen Stellwerksausfall.

Auf dem Gleis sollte allerdings auch ein Eurocity bereitgestellt werden. Dessen Ankunft war nicht durch das Stellwerk betroffen, war allerdings auch durch eine Fahrplanänderung bedingt.

Ein Update ist geplant

Weiter heißt es seitens der Bahn: "Dies führt zu Einschränkungen bei Abholern. Diese Funktion ist bereits für eine Weiterentwicklung vorgesehen." In einem kommenden Update für die ZIM genannten Monitore sollte also das Problem gelöst werden. Die Bahn lässt aber offen, wann das Update kommt.

Wir fragten auch, wie es zu dieser Designentscheidung kam. Die Deutsche Bahn antwortete darauf: "Der ökologische Mehrwert des aktuellen Entwicklungsstands ist so groß, dass wir uns entschieden haben, diesen produktiv einzusetzen. In der aktuellen ersten Ausbaustufe des Energiesparmodus sind noch nicht alle Funktionen final umgesetzt. Wir entwickeln daran weiter. Die Softwareentwicklung läuft mit agilen Methoden. Man könnte sagen, dass Funktionen nacheinander entwickelt werden." Demnach hat man sich bewusst für ein Software-Rollout entschieden, dem Funktionen fehlen. Tatsächlich ist das Stromsparpotenzial enorm. Die Leistungsaufnahme kann auf ein Drittel gesenkt werden, so die Deutsche Bahn. 

Die Deutsche Bahn stellt zudem klar: "Wir reduzieren keine Informationen, um den Stromsparmodus zu ermöglichen." Formal ist das im Fall Lichtenberg korrekt, denn die Anzeigen sind mit Mühen noch lesbar. Aufgrund des spiegelnden Schutzglases wird dies aber erschwert.

Auch zu den Problemen in Berlin Alexanderplatz äußerte sich die Deutsche Bahn. Dass vor dem Softwareupdate mehr Informationen zu sehen waren als nach der Aktualisierung, sei korrekt. Hintergrund ist nämlich, dass im folgenden Foto – entstanden nach der Softwareaktualisierung – Informationen über die Fahrplanänderungen bereits im System eingepflegt waren. 

Stromsparmodus am 8. April funktioniert entsprechend dem Design der Deutschen Bahn. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
Stromsparmodus am 8. April funktioniert entsprechend dem Design der Deutschen Bahn. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)

Die Deutsche Bahn dazu: "An diesem Tag fand planmäßig kein Personenverkehr an diesem Bahnsteig statt. Keine Reisenden, also keine Notwendigkeit für eine eingeschaltete Hintergrundbeleuchtung. Der Energiesparmodus funktioniert dort wie erwartet. (Bei diesem Gerätetyp wird die Hintergrundbeleuchtung auf das Minimum abgesenkt und nicht komplett ausgeschaltet, so dass die Informationen (i.d.F. „Bitte Aushandfahrplan beachten“) bei genauerer Betrachtung noch lesbar sind.)"

Im zweiten Foto wurde die Baustelle hingegen noch nicht entsprechend systemintern bearbeitet. "Im Gegensatz zum ersten Foto, war die Baustelle noch nicht in den Fahrplan eingearbeitet, im Fahrplan waren also noch Abfahrten von Gleis 2 hinterlegt, die auch auf einzelnen Kommunikationskanälen ausgegeben wurden. Dementsprechend müssen wir davon ausgehen, dass auch Reisende zum Gleis 2 kommen und nach ihrem Zug schauen. Deshalb wurde dort die Abweichung (Abfahrt von Gleis 1 statt Gleis 2) kommuniziert. Das Gerät befindet sich nicht im Energiesparmodus, sondern zeigt korrekt den Gleiswechsel für die Folgezüge an. Der dem Gleis zugewandte Monitor ist nicht im Energiesparmodus. Er ist "leer", weil am Gleis kein Zugverkehr stattfindet." Hierbei ist anzumerken, dass der Energiesparmodus erst nach der Aufnahme angekündigt wurde.

Dieses Foto ist am 5. April entstanden. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)
Dieses Foto ist am 5. April entstanden. (Foto: Andreas Sebayang/Privat)

Es handelte sich demnach nicht um eine Reduktion der Informationen aufgrund des Stromsparmodus – wie wir fälschlich annahmen –, sondern um allgemeine Probleme rund um die Informationsbereitstellung. Das heißt, dass hier kein Fehler im Stromsparmodus vorliegt, sondern, dass das inaktive Gleis in so einem Fall grundsätzlich keinen Hinweis bekommt. 

So eine Situation ist tatsächlich öfter der Fall. Erst am Wochenende konnte Notebookcheck.com in Andernach beobachten, dass der DSA-Anzeiger (erste Generation, LED-basiert) von Gleis 1 – einem inaktiven Gleis – nur die Uhrzeit anzeigte. 

Hinweise darauf, dass Züge von diesem Gleis auf das Gleis 3 umgeleitet wurden, gab es nicht. Dazu musste der Fahrgast erst den Bahnsteig wechseln oder auf die Fahrplanänderungen schauen. Konsequenterweise gab es auch keine Ansagen. Ein Triebfahrzeugführer auf einem anderen Gleis half uns aber, indem er uns zum anderen Gleis schickte.

Aufgrund der besonderen Betriebslage kam das DSA-System durcheinander. Als der Zug auf Gleis 3 nicht ankam, wurde beim DSA-Anzeiger zwischen Gleis 2 und 3 der Zug zunächst gelöscht. Bahn-Profis wissen, dass der Zug trotzdem noch kommt. Ein verspäteter Zug fährt dann nämlich virtuell am Bahnsteig ab und wird aus den Anzeigen gelöscht. Eine Korrektur dauerte in unserem Fall nochmals 10 Minuten. In dieser Zeit der Unklarheit sollte man nicht denken, dass der Zug ausgefallen ist.

Ein Blick auf den DB Navigator half übrigens auch nicht, denn dem Navigator zufolge war der Zug längst abgefahren. Interessant, da der Zug dafür mit einem anderen Zug aufgrund eingleisiger Betriebsführung hätte kollidieren müssen, um das zu ermöglichen. Mit viel Erfahrung und Wissen um die Eisenbahn lassen sich solche Probleme zuverlässig voraussagen. Das gelingt aber den wenigsten Fahrgästen.

Anzeigesysteme sind für den Regelfall programmiert

Diskrepanzen zwischen Bahnsteiganzeigen und der Realität sind nichts Ungewöhnliches. Die digitalen Anzeigen funktionieren bei zuverlässigem Verkehr gut und informieren korrekt. Nach Beobachtungen von Notebookcheck.com zeigen die Systeme aber massive Schwächen, wenn es eine Abweichung im Betrieb gibt. 

Sie zeigen dann mitunter technisch nicht fahrbare Ankünfte und Abfahrten an. Die Betriebszentralen haben übrigens korrekte Informationen, die Sicherheit ist durch die fehlerhaften Anzeigen also nicht beeinträchtigt. Korrekte Daten liegen prinzipiell vor, sind für Fahrgäste aber nicht zugänglich.

Die fehlende Funktion, den Stromsparmodus bei Betriebsabweichungen zu deaktivieren, wird solche Probleme nochmals verschärfen. Insbesondere wenn die Fahrgäste verwirrt nach Informationen suchen. Zwar ist es richtig, dass die Zuginformationsmonitore (ZIM) noch erkennbare Informationen bieten, doch die sind aus der Distanz aufgrund des schlechten Kontrasts kaum erkennbar.

Die Antworten der Deutschen Bahn zeigen zudem, dass im Sinne des Fortschritts durchaus auf Funktionen verzichtet wird, die eigentlich essenziell sind. Auf die Frage: "Will die Deutsche Bahn das Tempo der Digitalisierung und Modernisierung beibehalten? Sprich müssen sich Fahrgäste an solche Probleme gewöhnen?", hat das Unternehmen nicht geantwortet. Hier ging es zusätzlich auch um Softwareprobleme des DB-Navigators, allgemeine Informationsprobleme durch das Abschaffen von Ausdrucken, wenn die Software noch nicht für eine Übernahme bereit ist und den Verkauf von Zugtickets, von denen beim Zeitpunkt des Verkaufs bekannt war, dass sie aufgrund von Baustellen gar nicht mehr fahrbar waren.

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Autor: Andreas Sebayang, 17.04.2024 (Update: 17.04.2024)