Die Wiener Wärmeversorgung soll umgestellt und damit die seit mehr als 50 Jahren bestehende Abhängigkeit von russischem Erdgas beendet werden. Das Vorhaben der österreichischen Hauptstadt ist klar: Weg von fossilen Energieimporten, Luftverschmutzung und Treibhausgasemissionen, hin zu mehr erneuerbarer Energie.
Ingenieure bohren bereits am Stadtrand von Wien nach einem Heißwasserreservoir. Betrieben wird das als "Aderklaaer Konglomerat" bekannte Reservoir von der Geothermie-Abteilung des heimischen Energiekonzerns OMV AG. Das kochend heiße Wasser wird zum Antrieb von Wärmepumpen und damit zur Versorgung von 20.000 Wiener Haushalten genutzt.
Dieses und andere Projekte sind Teil eines 20-Milliarden-Euro-Plans, um die Abhängigkeit von importiertem Erdgas aus Russland zu beenden und bis 2040 klimaneutral zu werden. Stattdessen sollen Wärmepumpen, geothermische Systeme und andere Energieeffizienz-Initiativen zum Einsatz kommen.
Bereits im September letzten Jahres kündigte die Stadt diesen Wechsel an. Die anschließende Weigerung Kiews, den Transit russischen Erdgases nach Mitteleuropa zu verlängern, sowie die gestiegenen Treibstoffpreise bestärkten die Stadt in ihrem Vorhaben, unabhängig zu werden.
Größtes Fernwärmenetzwerk Europas in Wien
Nun baut Wien eines der größten Fernwärmenetze Europas aus und will die Zahl der versorgten Wohnungen auf 400.000 verdoppeln. Die derzeit bedeutendste Wärmequelle ist eine Müllverbrennungsanlage, die 200.000 Haushalte mit Wärme versorgt und vom Architekten Hunderwasser entworfen wurde.
Weitere große Anlagen werden in den Müllverbrennungsanstalten von Wien Energie installiert, aber auch das wichtigste Abfallbehandlungszentrum nutzt nun eine Wärmepumpe zur zusätzlichen Energieerzeugung. Außerdem werden weitere lokale Wärmequellen erschlossen:
So wird etwa die Abwärme der Server der Internationalen Atomenergiebehörde und der Universität Wien in das städtische Netz eingespeist - das größte Rechenzentrum Österreichs deckt fast den gesamten Heizbedarf eines der wichtigsten Krankenhäuser der Stadt.
Lokale Initiativen tragen zum Wärmenetz bei
Aber auch kleinere Initiativen aus der Region tragen zum lokalen Versorgungsnetz bei - weitere Wärmequellen sind etwa die des Gebäckherstellers Josef Manner & Comp., der mit Hilfe von Wärmetauschern die überschüssige Wärme seiner Backöfen recycelt und mit den so gewonnenen rund 5.600 Megawattstunden rund 600 Wohnungen beheizen kann.
Es ist eine Mondlandung. Aber unsere Aufgabe ist es, mutige Maßnahmen zu entwickeln, um die Stadt für das kommende Jahrhundert umzugestalten.
- Jürgen Czernohorszky, Klimastadtrat der regierenden Sozialdemokraten in Wien
Es bestehen jedoch wirtschaftliche Herausforderungen, da der Marktpreis für Wärme an den Erdgaspreis gekoppelt ist. Daher benötigen die Wärmeversorger langfristige Abnahmeverträge, um Stabilität für eine nachhaltigere Energiezukunft zu gewährleisten und mit Gas konkurrenzfähig zu werden