Bayern wünscht sich die Microsoft-Cloud. Konkret soll es sich um ein konsolidiertes Enterprise Agreement handeln, das als Rahmenvereinbarung für alle bayerischen Ämter und Institutionen dienen würde. Laut Informationen des Magazins „c’t“, die aus einer Präsentation des bayerischen Finanzministeriums stammen, ist das Paket M365 E5 inklusive Teams vorgesehen. Dieses hat einen Listenpreis von 59,70 Euro pro Nutzer und Monat. Für die rund 270.000 Angestellten Bayerns wären innerhalb von fünf Jahren so fast eine Milliarde Euro fällig.
Dieser Schritt stößt jedoch auf breiten Widerstand. Die Open Source Business Alliance (OSBA) äußert deutliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Zusammenarbeit und warnt vor einer Gefährdung der digitalen Souveränität des Freistaates. Wie es um die Sicherheit der Daten bei Microsoft steht, lässt sich aus europäischer Sicht kaum ermitteln. Kritiker bemängeln zudem, dass öffentliche Mittel in großem Umfang ins Ausland abfließen würden. Europäische Cloud-Lösungen mit ähnlichem Leistungsumfang sein meist deutlich günstiger.
Die Entscheidung wird zudem im Kontext aktueller sozial- und haushaltspolitischer Entwicklungen wahrgenommen: Parallel zum geplanten Microsoft-Deal wurden zentrale Familienleistungen wie das versprochene Kinderstartgeld sowie das Familien- und Krippengeld für Neugeborene gestrichen.
Die Besorgnis um die Datensicherheit wird durch aktuelle geopolitische Entwicklungen verstärkt. Die jüngst bekannt gewordene US-Sicherheitsstrategie zur Spaltung Europas, sowie ein neues Rechtsgutachten zur US-Rechtslage zum weltweiten Datenzugriff durch US-Behörden bei Nutzung von Cloud-Diensten werfen ernsthafte Fragen auf. Das Gutachten zeigt deutlich: US-Behörden können auf in der EU gehostete Daten von US-Unternehmen und deren europäischen Tochtergesellschaften zugreifen – selbst wenn diese Daten außerhalb der USA gespeichert sind. Der Bundesverband IT-Mittelstand e.V. (BITMi) sieht darin einen Anlass, die Regierung eindringlich zur Einhaltung ihrer Bekenntnisse zur digitalen Souveränität aufzufordern. Es gäbe viele europäische Lösungen, die mit den Angeboten von Microsoft mithalten können. Eine europaweite Ausschreibung sei angemessen.
Bayern argumentiert, dass Open-Source-Softwarelösungen und Could-Software aus der EU nicht mit den Microsoft-Produkten mithalten könnten. Eine Ausschreibung sei nicht notwendig, da bereits ein breiter Rahmenvertrag zwischen der bayerischen Regierung und Microsoft bestünde. Dass es sehr wohl Alternativen zu Microsoft gibt, zeigte jüngst der Internationale Gerichtshof mit Sitz in Den Haag. Hier wird fortan das deutsche Open Desk zum Einsatz kommen. Auch Mecklenburg Vorpommern und Schleswig-Holstein haben kürzlich ihren Wechsel weg von Microsoft bekannt gegeben.
Alternativen zum umfassenden Paket M365 E5 inklusive Teams gibt es mittlerweile von verschiedensten Anbietern. OnlyOffice aus Lettland bietet volle Microsoft-Office-Kompatibilität, ist sowohl lokal als auch online nutzbar und verfügt über KI-Tools – Self-Hosting ist ebenfalls möglich. Collaboraonline ist ein kostenpflichtiges Office Paket für den Cloud-Einsatz basierend auf LibreOffice, das bei diversen EU-Cloud-Anbietern verfügbar ist. Wer die volle Kontrolle behalten möchte, könnte das Paket selbst hosten. Libre Workspace bietet ein Open-Source-Paket zum Selbsthosten oder als Service (aktuell 10 Euro pro Nutzer und Monat). Nextcloud Workspace punktet mit souveränem Hosting in deutschen Rechenzentren, sicherer Teamarbeit inklusive E-Mail, Office, Chat und KI sowie DSGVO-Konformität und ISO-Zertifizierung. Viele weitere deutsche und europäische Alternativen stehen zur Auswahl. Die Angebote von Telekom, Schwart Digits, Stackfield und CryptPad sind ebenfalls beachtenswert.
Kritiker sehen Bayerns Festhalten an Microsoft als Ausdruck von Bequemlichkeit und der Angst vor kurzfristigen Produktivitätsverlusten durch die Einarbeitung in neue Tools. Die Entscheidung, sich auf US-Unternehmen zu verlassen, wird angesichts der aktuellen politischen Lage als riskant wahrgenommen – insbesondere im Hinblick auf die Sicherheitsstrategie der Trump-Regierung mit dem Ziel, die EU zu spalten. Letztlich stellt sich die Frage: Sind die Daten bayerischer Bürger in den Händen eines US-Anbieters wirklich sicher?
Quelle(n)
Kritik an Bayerns Milliardenvertrag mit Microsoft: Gefahr für Digitale Souveränität
Update: Internationaler Strafgerichtshof setzt auf Open Source statt auf Microsoft
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