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Reale Kohlendioxid-Emissionen von Plug-in-Hybriden fast fünfmal höher als bisher angenommen

Reale Kohlendioxid-Emissionen von Plug-in-Hybriden fast fünfmal höher als bisher angenommen (Bildquelle: Joenomias auf Pixabay)
Reale Kohlendioxid-Emissionen von Plug-in-Hybriden fast fünfmal höher als bisher angenommen (Bildquelle: Joenomias auf Pixabay)
Die Realwerte Plug-in-Hybrid-Fahrzeugen (PHEVs) hinsichtlich der Kohlendioxid-Emissionen übersteigen die offiziellen WLTP-CO₂-Angaben um das 4,9-Fache. Diese sogenannte PHEV-Emissionslücke ist auf einen fehlerhaften Elektrischen Fahranteil (Utility Factor) und die unzureichende Dimensionierung der E-Motoren in schweren Modellen zurückzuführen. Die T&E-Analyse von OBFCM-Daten fordert eine Korrektur der EU-Regulatorik.

Plug-in-Hybrid-Fahrzeuge (PHEVs) verschmutzen die Umwelt laut der jüngsten Analyse der Organisation Transport & Environment (T&E) in weitaus größerem Umfang, als bislang angenommen. Der Bericht "Smoke screen: the growing PHEV emissions scandal" basiert auf einer Auswertung von über 800.000 Datensätzen aus den On-Board Fuel Consumption Metern (OBFCM) der Jahre 2021 bis 2023.

Die Untersuchung belegt, dass die realen CO₂-Emissionen für im Jahr 2023 zugelassene PHEVs die offiziellen, regulatorisch relevanten WLTP-Werte um das 4,9-Fache überschritten. Diese signifikante PHEV-Emissionslücke wuchs von einem 3,5-fachen Wert im Jahr 2021 an und stellt die Wirksamkeit der gesamten EU-Klimapolitik im Automobilsektor infrage.

 

Fehlerhafte Annahmen: Elektrischer Fahranteil (UF) und der CD-Modus

Der Grund für die massive Abweichung zwischen dem offiziellen und dem tatsächlichen Verbrauch von Plug-in-Hybridfahrzeugen (PHEVs) liegt hauptsächlich in einer unrealistischen Annahme des elektrischen Fahranteils. Im offiziellen WLTP-Testverfahren wird davon ausgegangen, dass PHEV-Fahrer beeindruckende 84 Prozent ihrer Strecken rein elektrisch zurücklegen.

Realitätsdaten aus den Fahrzeugen (OBFCM) belegen jedoch, dass dieser tatsächliche elektrische Anteil lediglich 27 Prozent beträgt. Diese Diskrepanz verzerrt die offiziellen CO₂-Werte massiv: Der angegebene geringe Durchschnitts-Ausstoß (z. B. 8 g CO₂/km) wird erreicht, indem der nahezu emissionsfreie, rein elektrische Betrieb (Charge-Depleting-Modus, CD-Modus) viel zu stark gewichtet wird. Im Gegenzug wird der Betrieb mit entladener Batterie (Charge-Sustaining-Modus, CS-Modus), bei dem der Benzinmotor läuft und hohe Emissionen verursacht, stark untergewichtet, obwohl er in der Praxis den Großteil der Fahrten ausmacht.

Darüber hinaus zeigt sich, dass PHEVs selbst im eigentlich emissionsfreien CD-Modus durchschnittlich 68 g CO₂/km emittieren – eine fast neunfache Überschreitung. Dies geschieht, weil der Benzinmotor bei fast einem Drittel der Distanz zugeschaltet werden muss, da die Elektromotoren vieler PHEV-Modelle nicht ausreichen, um die oft schweren Fahrzeuge bei starker Beschleunigung oder an Steigungen ohne die Hilfe des Verbrennungsmotors zu bewegen.

Designkritik: Gewicht und E-Motor-Leistungsverhältnis

Die Untersuchung zeigt, dass die theoretische elektrische Reichweite kaum etwas über die tatsächlichen Emissionen aussagt. Viel wichtiger für die CO₂-Bilanz im Alltag sind das Fahrzeuggewicht und das Leistungsverhältnis zwischen Verbrennungs- und Elektromotor. Besonders schwere Premium-SUVs mit Plug-in-Hybrid-Antrieb zeigen die größten Abweichungen zwischen offiziellen und realen CO₂-Werten.

Bei Modellen wie der Mercedes-Benz GLE-Klasse beträgt dieser Unterschied (die "Emissionslücke") 611 Prozent, beim Land Rover Range Rover sind es 557 Prozent. Diese Fahrzeuge sind nicht nur rund 28 Prozent schwerer als der PHEV-Durchschnitt, sondern haben auch ein ungünstiges Leistungsverhältnis: Beim Range Rover beispielsweise ist der Verbrennungsmotor zweimal so stark wie der Elektromotor. Dieses Ungleichgewicht führt dazu, dass der schwere Akku in beiden Betriebsarten – dem elektrischen CD-Modus und dem Hybridbetrieb CS-Modus – oft nur als reiner Ballast mitgeschleppt wird.

Die Folge: Bei Modellen mit über 75 km Reichweite entstehen im Hybridbetrieb (CS-Modus) teilweise Emissionen von über 202 g CO₂/km. Experten fordern daher, dass Elektromotoren mindestens doppelt so leistungsstark wie die Verbrennungsmotoren sein müssen, um einen sinnvollen und emissionsarmen elektrischen Betrieb tatsächlich zu ermöglichen.

 

Unfaire Wettbewerbsvorteile und Mehrkosten

Die systematische Unterbewertung der PHEV-Emissionen verschaffte großen Fahrzeugherstellern erhebliche Vorteile. Die Studie schätzt, dass die Volkswagen-, Mercedes-Benz- und BMW-Gruppen in den Jahren 2021 bis 2023 gemeinsam 89 Prozent der ansonsten fälligen Strafzahlungen an die Europäische Union vermieden haben. Der Gesamtwert dieser Bußgelder hätte sich auf über 5 Milliarden Euro belaufen. Diese WLTP-Fehler sicherten für die Hersteller auf dem Papier die Einhaltung der EU-Flottengrenzwerte.

Der hohe reale Verbrauch von Plug-in-Hybriden führt nicht nur zu einer schlechteren Klimabilanz, sondern belastet auch die Käufer direkt: PHEV-Fahrer zahlen jährlich über 500 Euro mehr für Kraftstoff und Strom, als die optimistischen WLTP-Werte versprechen.

Angesichts dieser Faktenlage bekräftigt die Umweltorganisation T&E die dringende Notwendigkeit, die von der EU für 2027/28 geplanten Korrekturen am berechneten elektrischen Fahranteil (Utility Factor) strikt umzusetzen. Sollten diese Regularien – wie unter anderem von der deutschen Automobilindustrie gefordert – abgeschwächt werden, würde dies das EU-Klimaziel bis 2050 um kumulierte 2,8 Gigatonnen CO₂ verfehlen. Die Konsequenz ist klar: Plug-in-Hybride können in ihrer gegenwärtigen Bauweise keine nachhaltige Zukunftslösung sein, sondern müssen durch bessere Gesetze und konstruktive Änderungen dringend nachgebessert werden.

 

 

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> Notebook Test, Laptop Test und News > News > Newsarchiv > News 2025-10 > Reale Kohlendioxid-Emissionen von Plug-in-Hybriden fast fünfmal höher als bisher angenommen
Autor: Ulrich Mathey, 20.10.2025 (Update: 24.10.2025)