Garmin Enduro im Test: Garmins jüngste Smartwatch ist aktuell auch die fortschrittlichste
Gehäuse und Ausstattung – Kein Touchscreen
Die Enduro fällt zunächst mal durch ihre Größe auf: Mit einem Durchmesser von 1,4 Zoll ist das farbige transflective Memory-in-Pixel-Display (MIP) genauso groß wie bei der Fenix 6X, dem größten Fenix-Modell. Den Datenspeicher für Musik und Karten behält Garmin den Pro-Modellen der Fenix-Reihe vor. Die Enduro muss ebenso wie die anderen Fenix-Sport-Computer mit 64 MB auskommen und kann nur die Musikwiedergabe auf dem Smartphone steuern.
Die weitere Ausstattung ist sehr ähnlich: Neben GPS, barometrischem Höhenmesser, 3-Achsen-Kompass, Gyroskop, Beschleunigungsmesser, einem Thermometer und Sensoren zur Messung von Herzfrequenz und Blutsauerstoffsättigung unterstützt Enduro kontaktloses Bezahlen via Garmin Pay.
Einen Helligkeitssensor besitzt die Enduro nicht. Das Display lässt sich zwar optional beleuchten, man kann das Hintergrundlicht aber auch ganz oder teilweise deaktivieren: Dank der Technologie des farbigen transflektiven MIP lässt sich das Display sowohl im Hellen als auch bei wenig Licht fast immer ablesen. Darüber setzt Garmin ein Power Glass, das eine Solar-Ladelinse beherbergt.
Das Gehäuse mit neongelb akzentuierter Krone und Lünette ist wahlweise in Edelstahl oder Titan erhältlich. Abgesehen von der Optik macht letzteres auf der Waage 14 g weniger Gewicht und auf dem Kassenzettel 100 Euro aus. Beide kommen von Haus aus mit einem UltraFit-Nylon-Armband, das man bei Bedarf austauschen kann. Das Handling beim Öffnen und Schließen der beiden Klettverschlüsse kam im Test nicht so gut an. Positiv fiel das elastische Band dagegen beim Sport auf: Während Silikonbänder bei der Autorin nach dem Training öfter nass sind, ebenso wie die Haut darunter, blieben Handgelenk und das zweilagige Band aus einem antimikrobiellen Nylongewebe nahezu trocken.
Einrichtung und Bedienung – Apps erweiterbar
Garmin Enduro kann man auch ohne Smartphone nutzen. Über das beiliegende Datenkabel verbindet ein Computer sie trotzdem mit dem Garmin-Konto und installiert darüber auch Updates.
Verbindet man sie mit dem Smartphone, benötigt man die App Garmin Connect für Android oder iOS sowie optional die App Garmin ConnectIQ, um weitere Apps wie Komoot, Wikiloc Trains oder Find my Car nachzuladen.
Die Enduro besitzt keinen Touchscreen, daher steuern fünf seitliche Tasten die Trainingsaufzeichnung, wählen Apps und Menüs oder blättern zwischen Datenseiten und Widgets.
Anders als von Wearables mit Touchscreen gewohnt, belegen Widgets bei Garmin nicht jeweils den vollen Bildschirm. Stattdessen bilden sie eine vertikale Liste mit jeweils einer informellen Übersicht der zughörigen App wie unter diesem Absatz auf dem linken Screen zu sehen.
Auch das QuickPanel für wichtige oder oft genutzte Optionen, das man bei gängigen Smartwatches mit einer vertikalen Geste erreicht, öffnet bei der Enduro eine Taste. Zudem kann man insgesamt sieben Funktionen individuell zuweisen und dadurch auslösen, dass man entweder zwei Tasten gleichzeitig drückt oder eine einzelne länger.
Telefonie und Benachrichtigungen
Enduro signalisiert einen eingehenden Anruf einschließlich der Anrufer ID. Ist die Uhr mit einem Android-Smartphone verbunden, besteht alternativ zum Annehmen oder Abweisen des Anrufs die Möglichkeit, dem Anrufer eine SMS zu senden. Nimmt man den Anruf an, muss man anschließend zum Smartphone greifen.
Nachrichten zeigen die Emojis und sind auf dem großen Display gut lesbar. Längere Nachrichten verteilen sich gegebenenfalls auf mehrere Screens, die man mit den Tasten durchblättert.
Gesundheit und Fitness – Wochenrückblick auch auf der Uhr
Gesundheitsparameter wie die Herz- und Atemfrequenz misst der Fitness-Tracker rund um die Uhr und stellt sie zusammen mit den täglichen Bewegungsdaten, dem Schlafprotokoll sowie der analysierten Fitness in einem Tagesprotokoll dar:
Aktivitätsziele
Enduro zählt die Schritte, transferiert die überwundenen Höhenmeter in Etagen und vergleicht beides mit dem gesetzten Tagesziel. Für das Konto der angestrebten Intensitätsminuten zählen bei Garmin Aktivitäten mit hoher Intensität doppelt.
Gesundheitswerte
Atem- und Herzfrequenz sowie auf Wunsch die Blutsauerstoffsättigung misst das Wearable rund um die Uhr. Sie analysiert die Stressbelastung und ermittelt die maximale Sauerstoffaufnahme VO2max als Kennzahl für die kardiorespiratorische Fitness und die aerobe Leistungsfähigkeit. Aus den Gesundheitsdaten, der nächtlichen Erholung und der Intensität des letzten Trainings sowie der Zeit, die seither verstrichen ist, ermittelt Enduro die Energiereserven des Körpers, die Garmin als Body Battery bezeichnet.
Schlafprotokoll
Nachts zeichnet Enduro die Sauerstoffsättigung sowie die Herz- und Atemfrequenz auf, erfasst die Bewegungen und die Schlafphasen. Die Uhr gibt Aufschluss über Schlafdauer und die einzelnen Schlafphasen und bewertet die Schlafqualität. In den Diagrammen der App kann man die Parameter paarweise überlagern.
Trainingsaufzeichnung
Zahlreiche Sportarten sind auf der Enduro vorinstalliert, über die App Garmin ConnectIQ lädt man weitere nach. Die Garmin Connect-App verbindet das Nutzerkonto auf Wunsch mit Komoot, Strava, Runtastic und MyFitnessPal sowie Office 365, um geplante Workouts in den Outlook-Kalender zu übernehmen. Auf dem iPhone verbindet sich Garmin mit Apple Health.
Golfer können anhand der Karte des Golfplatzes die Entfernung zum Grün berechnen, die Schlagweite messen und einige weitere spezifische Funktionen nutzen. Der Fokus von Enduro liegt aber bei Outdoor-Aktivitäten wie Laufen, Trail-Running, Radfahren und Mountain-Biking und ihrer besonderen Unterstützung im Wettkampf. Eine neue Funktion, die Enduro auch den Topmodellen der Fenix-6-Serie voraus hat, widmet sich der Erfassung und Auswertung der Pausen an Verpflegungsstationen.
Ebenfalls neu und besonders für Trail-Runner interessant: Für die VO2max-Berechnung berücksichtigt Garmin nun zusätzlich die Geländebeschaffenheit. Die berechnet sich bislang aus Geschwindigkeit, Herzfrequenz, Hitze, aktueller Höhe und Höhenmeterveränderung. Aus der Analyse der Bewegungssensoren schließt Garmin nun zusätzlich auf die Beschaffenheit des Trails und integriert sie in die Berechnung. Daraus dürfte in den meisten Fällen eine höhere VO2max resultieren als ohne Berücksichtigung des Geländes.
PacePro Strategie
In Sportarten, bei denen es auf die Geschwindigkeit ankommt, kann man mit einigen Garmin-Wearables gegen einen virtuellen Partner antreten. Dem gesteht man ein etwas schnelleres Tempo zu als das eigene, um sich zu motivieren und zu verbessern. Während des Trainings zeigt Enduro dann nicht nur das eigene Tempo an, sondern auch das des virtuellen Partners und den Vorsprung oder Rückstand gegenüber diesem.
Garmins PacePro-Strategie baut dieses Konzept noch weiter aus. Die Strategie verbindet das Wunschtempo mit der Streckenplanung und orientiert sich alternativ an einem Zeitziel für die gewählte Strecke. Auf Basis der Geodaten gleicht Garmin das Tempo abschnittsweise an das Höhenprofil an. In der Grundeinstellung erfolgen die Tempowechsel nach Distanz, also alle paar Kilometer. Wer sein Ausdauerverhalten kennt, erhöht das Tempo wahlweise auf den ersten Kilometern oder zum Ende hin. Besonders interessant für Trail-Runner ist die Option, den Tempowechsel vollständig an das Höhenprofil zu binden.
Da der Enduro das hierfür nötige Kartenmaterial fehlt, erfolgen die Berechnungen – anders als bei der Fenix 6 Pro möglich – nicht auf der Uhr sondern auf dem Smartphone. Von dort kann man sie auf ausgewählte Garmin-Sportuhren wie Enduro oder Forerunner 745 übertragen. Der nachfolgende Screenshot einer realen Strecke veranschaulicht die PacePro-Strategie. Die weiteren Screens zeigen die Vorbereitung auf dem Smartphone und die Anzeigen auf der Enduro.
Akkulaufzeit – Gerüstet für lange Wettkämpfe
Mit der Unterstützung von Solarenergie erreicht die Enduro laut Hersteller eine Laufzeit von bis zu 65 Tagen im Smartwatch Modus und bis zu 80 Stunden im Standard GPS Modus. in unserem Praxistest verbrauchte der Akku in einer Woche ziemlich genau 50 % seiner Kapazität, die Garmin nicht näher angibt.
Die Nutzung war währenddessen natürlich alles andere als batterieschonend: Die automatische Bewegungserkennung und Messung der Blutsauerstoffsättigung (SpO2) waren ganztägig aktiv. Zudem fielen drei halbstündige Outdoor-Aktivitäten mit GPS in den Testzeitraum. Häufiges Scrollen durch die Widgets, das Lesen von Nachrichten und Betrachten der verschiedenen Protokolle auf der Uhr aktivierten immer wieder die Display-Beleuchtung. Das Einschalten der Beleuchtung per Geste, also beim Arm heben um die Zeit abzulesen, war dagegen deaktiviert, weil man die Uhrzeit in den meisten Fällen auch ohne Beleuchtung gut erkennt.
Fazit
Die Enduro ist ein hoch entwickelter Sport-Computer für GPS-gestützte Sportarten und Wettkämpfe. In der Companion-App ConnectIQ gab sich die Enduro anfänglich als fenix Enduro zu erkennen. Funktional wie auch preislich rangiert sie auf der gleichen Ebene, mit Vorteilen gegenüber der einfachen Fenix 6 und Nachteilen gegenüber der Fenix 6 Pro. Neben dem zusätzlichen Nutzen, den Garmin bei der Enduro aus den Bewegungssensoren zieht, hat sie den Fenix-Modellen vor allem die Laufzeit voraus: Mit 70 Stunden (ohne Solarladung) begleitet sie Ultradisziplinen fast doppelt so lange wie Fenix 6 und Fenix 6 Pro (36 Stunden).
Die Enduro zählt zu den fortschrittlichsten Sport-Computern, die Garmin als einer der führenden Hersteller in diesem Segment derzeit anbietet.
Ein Vorteil der Fenix 6 Pro bleibt dagegen deren Speicher für Offline-Musik und Karten. Damit verbunden sind weitere Funktionen wie die automatische Berechnung eines Rundkurses bei vorgegebener Distanz (Roundtrip-Routing), für deren Vorbereitung die Enduro die Smartphone-App benötigt. Das Titangehäuse des Testgeräts hinterlässt am Handgelenk einen hochwertigen Eindruck. Das UltraFit-Nylonarmband mag einer Uhr für 800 respektive 900 € zwar nicht würdig erscheinen, beweist aber beim Sport seinen Nutzen.
Preis und Verfügbarkeit
Die Sportuhr Enduro ist noch nicht lange auf dem Markt, am Preis hat sich daher bis Testende noch nichts getan. In Edelstahl ist sie zu diesem Zeitpunkt nur für 799 Euro bei Garmin direkt erhältlich, die Titanvariante zu 899 auch bei Amazon.
Preisvergleich
Alle weiteren Fotos und Bildschirmaufnahmen im Test: Inge Schwabe