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Audio-Revolution: MEMS-Mikrolautsprecher aus purem Silizium machen aus In-Ear-Kopfhörern bessere Wearables

Die MEMS-Mikrolautsprecher aus purem Silizium von Arioso sollen In-Ear-Kopfhörer revolutionieren (Bild: Arioso Systems GmbH)
Die MEMS-Mikrolautsprecher aus purem Silizium von Arioso sollen In-Ear-Kopfhörer revolutionieren (Bild: Arioso Systems GmbH)
Viele Konsumenten nutzen heutzutage Wearables wie Smartwatches, um Gesundheitsdaten und Fitnesswerte zu messen. Dank immer kleineren und leistungsfähigeren Sensoren bieten moderne Fitnesstracker viele zusätzliche Funktionen wie digitale Assistenten. Extrem kleine MEMS-Mikrolautsprecher aus dem Fraunhofer-Universum wollen jetzt In-Ear-Kopfhörer revolutionieren.

Neben Smartwatches und Fitnesstrackern zählen kabellose In-Ear-Kopfhörer zu den beliebtesten Wearables der Konsumenten. TWS-Earbuds wie die Apple AirPods, Google Pixel Buds, Huawei FreeBuds oder Samsung Galaxy Buds sind vom Grad der Miniaturisierung her allerdings noch vergleichsweise groß und viele Komponenten entladen die winzigen Akkus schnell. Vor allem die bislang verwendeten Mikrolautsprecher sind neben der Batterie bei kabellosen Ohrhörern die sperrigsten Komponenten.

Genau hier setzen die gerade einmal 10 bis 20 mm² kleinen Mikrolautsprecher der Arioso Systems an. Das Dresdner Spin-off wurde 2019 aus dem Fraunhofer IPMS ausgegründet und zählt inzwischen zwölf Mitarbeiter. Die speziellen MEMS-Lautsprecher (Micro Electro Mechanical Systems) von Arioso sollen sowohl Implementierung als auch Nutzung zukünftiger Anwendungen in Hearables, wie Simultan-Übersetzung, Bezahlfunktionen und weitere sprachbasierte Internetdienstleistungen deutlich vereinfachen.

Innerhalb des MEMS-Mikrolautsprechers erzeugen Biegebalken in Lamellenform den Klang (Bild: Arioso Systems GmbH).
Innerhalb des MEMS-Mikrolautsprechers erzeugen Biegebalken in Lamellenform den Klang (Bild: Arioso Systems GmbH).

Anders als herkömmliche Lautsprecher und auch die wenigen anderen existierenden MEMS-Lautsprecher besitzen die winzigen MEMS-Speaker von Arioso Systems keine Membran oder Magnete mehr, sondern sind zu hundert Prozent aus Silizium geformt. Sie lassen sich mit üblichen CMOS-Verfahren (Complementary Metal Oxid Semiconductor) kostengünstig in Großserie produzieren und sind so verhältnismäßig leicht für den Massenmarkt skalierbar. Vergleichbare Konkurrenztechnologien, die auf Piezo-Materialien basieren, sind im Vergleich dazu in der Produktion komplizierter und teurer.

Die Mini-Speaker der Fraunhofer nutzen ein neues, leistungseffizientes Schallwandlerprinzip. Das neuartige Lautsprechersystem basiert auf der NED-Technologie (Nanoscopic Electrostativ Drive), die von Holger Conrad, damals noch Wissenschaftler am Fraunhofer IPMS und Gründungsmitglied der Arioso Systems GmbH, entwickelt wurde. Bei den neuen Arioso MEMS-Schallwandlern wird die Membran durch eine Vielzahl von 20 μm dünnen Biegebalken im Volumen des Siliziumchips ersetzt.

Arioso Systems Silizium-Mikrolautsprecher vor einem drahtlosen In-Ear-Kopfhörer (Bild: Arioso Systems GmbH).
Arioso Systems Silizium-Mikrolautsprecher vor einem drahtlosen In-Ear-Kopfhörer (Bild: Arioso Systems GmbH).

Durch Öffnungen an der Ober- und Unterseite des Speaker-Chips entweicht Luft aus den Kammern und strömt in die Kammern nach, in denen sich elektrostatische Aktoren bewegen. Durch Anlegen einer Audiosignalspannung werden diese NED-Aktoren zum Schwingen angeregt, die Schwingungen werden als Schall hörbar. Die "Biegebalken in Lamellenform" aus Silizium bewegen sich aufeinander zu und drücken die Luft nach oben und unten hinaus, wodurch im Ohr Druckschwankungen entstehen, die hörbar sind. Das Trommelfell wird im Prinzip wie mit einer Luftpumpe direkt bewegt.

Da die Komponenten direkt im Siliziumchip integriert werden können, nehmen sie nur wenig Fläche ein und sind wesentlich energieeffizienter als konventionelle Lautsprecher. Das belsatet die Batterie weniger, die Akkulaufzeit lässt sich deutlich verlängern. Bei einer Größe von nur 10 mm² lässt sich mit den MEMS-Lautsprechern aus Silizium von Arioso ein Schalldruckpegel von etwa 120 dB bei bester Soundqualität produzieren, versprichen die Entwickler.

Der MEMS-Mikrolautsprecher im Größenvergleich zu einer Ein-Cent-Münze (Bild: Arioso Systems GmbH).
Der MEMS-Mikrolautsprecher im Größenvergleich zu einer Ein-Cent-Münze (Bild: Arioso Systems GmbH).

Durch den hohen Miniaturisierungsgrad und die Energieeffizienz der MEMS-Lautsprecher kann der so gewonnene Raum in den drahtlosen Kopfhörern in Zukunft für weitere Internetanwendungen wie Bezahldienste oder Instant-Übersetzungen genutzt werden. Auch die Überwachung von Körperfunktionen ist möglich – und das sprachgesteuert, ohne dass der Anwender aufs Smartphone schauen muss. Mit ihrer Entwicklung adressiert die Arioso Systems GmbH daher insbesondere große OEMs und Internetdienstleister. Auch für den Einsatz in Hörgeräten eignet sich das neuartige Schallwandlerprinzip.

Die Seed-Frühfinanzierungrunde der MEMS-Speaker ist laut Arioso abgeschlossen. 2,6 Mio. Euro hat das Spin-off bisher von Investoren erhalten. Innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre sollen die MEMS-Mikrolautsprecher, die als Prototyp vorliegen, vom Labor- in den Technikumsmaßstab hochskaliert werden. Arioso Systems startet gerade Gespräche mit Investoren für die nächste Finanzierungsrunde, die ca. 10 Mio. Euro Risikokapital einwerben soll. Dank exklusiver Vermarktungsrechte an der NED-Technologie des Fraunhofer-Instituts für Photonische Mikrosysteme IPMS will Arioso in den kommenden Jahren die Marktführerschaft in der MEMS-Lautsprechertechnologie für die mobile Audiowelt erlangen.

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> Notebook Test, Laptop Test und News > News > Newsarchiv > News 2021-12 > Audio-Revolution: MEMS-Mikrolautsprecher aus purem Silizium machen aus In-Ear-Kopfhörern bessere Wearables
Autor: Ronald Matta,  2.12.2021 (Update:  2.12.2021)