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Smartphone-Kauf in China: Das müssen sie zu CE-Kennzeichnung und Zoll wissen!

Es klingt zu verlockend - das nächste Smartphone als billiges Internet-Schnäppchen direkt aus China holen. Doch der direkt Handy-Kauf in Asien birgt Risiken. Wir zeigen, was beim privaten Smartphone-Import zu beachten ist.

Chinesische Hersteller wie Meizu, OnePlus, Oppo, Vivo oder Xiaomi machen den etablierten Marken wie Apple und Samsung mit sehr gut ausgestatteten und vergleichsweise günstigen Smartphones das Leben längst richtig schwer und verkaufen teils mehr Geräte als so manches "renommierte" Label. Angesichts der preislich teils verlockenden Schnäppchen aus Asien ist es kein Wunder, dass es inzwischen vielen Käufern in den Fingern juckt, sich ihr Wunsch-Handy direkt bei Händlern wie TradingShenzhen.com oder GearBest.com zu kaufen. Dank offener Märkte, Onlineshops und -bezahlsysteme sowie weltweitem Express-Paketversand ist der direkte Internetkauf eines günstigen Smartphones in China grundsätzlich auch keine große Sache mehr.

Allerdings gibt es beim Direktkauf der Schnäppchen aus China noch immer einige Risiken zu berücksichtigen, die wir im Folgenden aufzeigen wollen*. Vor allem hinsichtlich Zoll und CE-Kennzeichnung kann es mit Direktimporten aus Asien für Privatpersonen nicht nur Probleme sondern auch teure Überraschungen geben. Wer sich nicht durch den gesamten Bericht wälzen will und sich stattdessen einen schnellen Überblick über die Dos and Don'ts verschaffen will, der kann gleich direkt zum Fazit springen.

CE-Kennzeichnung:
CE-Kennzeichnung:
Welche Risiken birgt der Kauf von nicht deklarierten Smartphones?
Welche Risiken birgt der Kauf von nicht deklarierten Smartphones?

CE-Kennzeichnung

Das CE-Zeichen ist jetzt die CE-Kennzeichnung

Die CE-Kennzeichnung (CE, Communautés Européennes, Europäische Gemeinschaften) besagt, dass das Produkt, an dem es angebracht ist, die Anforderungen aller einschlägigen EG-Richtlinien erfüllt. Welche das im Einzelnen sind, ist produktspezifisch in EG-Rechtsvorschriften oder -verordnungen geregelt. Zu den Richtlinien zählen beispielsweise die "Niederspannungsrichtlinie für elektrische Betriebsmittel 2014/35/EU" oder "Elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) 2014/30/EU".

EU und Deutschland: Smartphones brauchen ein CE-Zeichen

Auch wenn es unbequem ist: Smartphones und beispielsweise Netzteile, die in der EU und damit auch in Deutschland in den Verkehr gebracht werden, müssen zwingend eine CE-Kennzeichnung tragen. Der jeweilige Hersteller respektive deren Bevollmächtigte müssen sich allerdings eigenverantwortlich selbst darum kümmern, die Konformität zu erklären. Importeure oder Händler (siehe unten) haben in diesem Zusammenhang ebenfalls Pflichten zu erfüllen. Eine "Vergabestelle" für die CE-Kennzeichnung gibt es nicht. 

Die CE-Kennzeichnung ist kein Prüfzeichen

Das CE-Zeichen ist nicht mit Prüfzeichen für Verbraucher zu verwechseln, wie dem GS-Zeichen, das von einer Zertifizierungsstelle vergeben wird. Was hat der Verbraucher dann konkret davon? Unmittelbar nichts. Zum einen muss sich der Verbraucher "blind" darauf verlassen, dass der Hersteller keine falschen Angaben macht und das CE-Zeichen missbräuchlich nutzt, zum anderen liegt die Einhaltung des Produktes mit den Richtlinien alleine im Verantwortungsbereich des Herstellers. Der Hersteller versichert lediglich die Einhaltung geltender Anforderungen. Die CE-Kennzeichnung selbst ist somit kein Qualitäts- oder Gütesiegel, sondern ein Verwaltungszeichen.

CE bei Smartphones: Zoll und Marktüberwachung durch die Bundesnetzagentur

Anders als beim GS-Siegel, das durch Prüfunternehmen wie dem TÜV Rheinland zertifiziert wird und sicherstellt, dass die jeweiligen Produkte die Qualitäts- und Sicherheitsstandards des deutschen Produktsicherheitsgesetzes (ProdSG) erfüllen, dient das CE-Zeichen in erster Linie als "europäischer Reisepass" für Produkte und den nationalen Überwachungsbehörden als Hinweis, dass der Hersteller die Erfüllung der grundlegenden Sicherheitsanforderungen der einschlägigen EU-Richtlinien erklärt hat.

Ob das bei einem Produkt, wie einem Smartphone, dann auch tatsächlich so zutrifft, muss dann im konkreten Einzelfall durch Behörden wie dem Zoll und der Marktüberwachung durch die Bundesnetzagentur festgestellt werden.  Die Behörden kontrollieren stichprobenartig, ob die Produkte den gestellten Anforderungen und Richtlinien genügen.

Wer ist für die CE-Kennzeichnung verantwortlich?

Der TÜV Rheinland LGA Products weist in einer Informationen von Januar 2016 auf neue Anforderung im Rahmen der CE-Kennzeichnung hin. Zwar bleibt für die Konformitätsbewertung der Produkte nach wie vor in der Regel der Hersteller verantwortlich, allerdings müssen im Rahmen der CE-Kennzeichnung nun auch Pflichten von anderen Wirtschaftsakteuren erfüllt werden. Andere Wirtschaftsakteure können sein: Einführer, also Importeure, Händler oder Bevollmächtigte.

Auch Händler müssen CE-Kennzeichnung prüfen

Gemäß dem TÜV Rheinland "kommt den Händlern mit den geänderten Anforderungen eine besondere Bedeutung zu, da sie erstmals in den Richtlinien als Wirtschaftsakteure erwähnt werden und gewisse Pflichten auferlegt bekommen. Dazu zählt beispielsweise, dass sie überprüfen müssen, ob die Produktkennzeichnungen und notwendigen Nutzerinformationen vorhanden sind (z. B. CE-Kennzeichnung, Name und vollständige Anschrift des Herstellers, Gebrauchsanleitung und Sicherheitsinformationen). Stellen die Händler Produkte auf dem Markt bereit, die fehlerhaft oder unzureichend gekennzeichnet sind, begehen sie zukünftig eine Verletzung ihrer Pflichten, die ggf. von den Marktüberwachungsbehörden geahndet werden kann."

Herausforderung "Fulfillment Center" und schwierige Marktüberwachung

Nicht nur der eco - Verband der Internetwirtschaft e.V., auch der Mittelstand und Wirtschaftswissenschaftler wie Jura-Professorin Dagmar Gesmann-Nuissl von der TU Chemnitz beklagen schon seit geraumer Zeit, dass Logistik-Dienstleister wie beispielsweise Amazon oder eBay in einer Rechtslücke agieren. Denn die Marktüberwachung kann die Ware in diesen Lagern wie beispielsweise Amazon FBA (FBA, Fullfillment by Amazon) nicht kontrollieren und die Finanzämter keine Steuern eintreiben.

Bei Steuerhinterziehung, Verletzung von gewerblichen Schutzrechten, unsicheren Produkten oder Umweltvergehen müssen chinesische Hersteller und Händler keine Bußgelder fürchten, weil diese außerhalb der Reichweite deutscher Behörden agieren. Während Importeure und Händler in Deutschland der Marktüberwachung durch Bundesnetzagentur, Gewerbeaufsichtsämtern, Finanzbehörden und dem Umweltbundesamt unterliegen, gibt es für Fulfillment Center wie die Amazon-Logistikzentren noch keine Marktüberwachung.

Handy in China kaufen, was sind die Risiken?

Dubiose Händler und Onlineshops

Wer nicht direkt bei Herstellern wie OnePlus oder Oppo zugreifen will, die ihre Smartphones mittlerweile "stressfrei" über eigene "Europa"-Seiten ihrer Internetshops vertickern und stattdessen bei den verlockenden Angeboten der Händler aus China schwach wird, der sollte sich vorab über den jeweiligen Onlineshop im Internet sehr genau informieren (Foren, Kundenbewertungen etc.), um nicht von vornherein auf dubiose Händler oder sogar Betrüger hereinzufallen. Hier helfen auch spezialisierte Seiten, wie beispielsweise Chinahandys.net, die Spreu vom Weizen zu trennen und zusätzliche Informationen zu interessanten Geräten aus China sowie Vertriebswegen zu erhalten.

CE-Kennzeichnung sowie Marken- und Produktpiraterie

Wer sich privat in China ein Smartphone kauft, der importiert das Gerät selbst. Der Käufer muss sich in diesem Fall auch selber darum kümmern, dass das in Asien gekaufte Handy die notwendige CE-Kennzeichnung hat. Hier heißt es noch immer aufpassen, da einige Anbieter sich offenbar auch weiterhin der Masche bedienen, ein CE-Kürzel anzubringen, das der CE-Kennzeichnung zum Verwechseln ähnlich sieht, allerdings für "China Export" stehen soll. Kontrolliert der Zoll das Paket und es fehlt die erforderliche CE-Kennzeichnung, dann kann es für den Käufer teuer werden.

Ergeben sich bei der Einfuhrabfertigung für den Zoll Anhaltspunkte, dass ein Verstoß gegen EU-Bestimmungen vorliegt oder gar Verdachtsmomente von Marken- und Produktpiraterie, dann wird die Zollstelle tätig, unterrichtet die zuständigen Überwachungsbehörden und führt ggf. eine Beschlagnahme durch. Im Falle von Smartphones und der CE-Kennzeichnung ist das die Bundesnetzagentur. Diese entscheidet, ob ein Produkt eingeführt werden darf, an den Absender zurückgeschickt oder sogar vernichtet werden muss. Fehlt dem Smartphone lediglich die notwendige CE-Kennzeichnung, dann kann das Handy in der Regel zurückgesendet werden. Allerdings muss sich der Käufer selbst darum kümmern, sein Geld wieder zurückzubekommen.

Die EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung regelt unter anderem das Tätigwerden der Zollbehörden bei der Einfuhr in das Zollgebiet der Gemeinschaft gegenüber Waren, die möglicherweise nachgeahmt wurden. Auf der Grundlage dieser Verordnung können Schutzrechteinhaber bei einer nationalen Zollbehörde vergleichsweise unkompliziert Anträge auf das Tätigwerden des Zolls stellen. Sollte es zu einer Beschlagnahme im Zuge von Marken- und Produktpiraterie kommen, dann ist einer Rücksendung des Geräts zum Hersteller respektive Händler nicht mehr möglich. Bei solchen Fälschungen wird das Smartphone grundsätzlich beschlagnahmt und der Käufer hat das Nachsehen.

Zollgebühren und Transportkosten

Wer sein Smartphone selbst aus Asien importiert, der muss bei einem Warenwert ab 22 Euro nur noch die Einfuhrumsatzsteuer (EUSt.) in Höhe von 19 Prozent bezahlen. Wer sich jetzt freut und denkt "prima, da kann ich mir ja ein echtes Handy-Schnäppchen schießen" der macht die Rechnung ohne die Logistikunternehmen, die dem Asien-Käufer für Transport und die Erledigung der Zollformalitäten im Zuge des Einkaufs in China in der Regel noch weitere Kosten aufs Auge drücken. Kann das Smartphone beim Import wegen CE oder Markenrecht nicht abgefertigt werden und bleibt bei Zoll respektive Marktüberwachung hängen, dürfte dem Schnäppchenjäger spätestens dann sein "Internet-Schnäppchen" bitter aufstoßen. In so einem Fall bitten auch diese Behörden den Käufer nochmals "extra" zur Kasse.

Wir haben in verschiedenen China-Shops selber eingekauft und ermittelt, welche Kosten beim Smartphone-Kauf in China konkret anfallen. "Spezialversicherungen" oder "Zollversicherungen", wie sie von einigen China-Händlern angeboten werden, haben wir nicht genutzt. Die Händler haben uns die Mobiltelefone jeweils mit DHL Express Worldwide zugesandt. Hier unsere Erfahrungen, welche Zusatzkosten beim Kauf eines Smartphones in China derzeit in Deutschland sowie Österreich entstehen:

Grundsätzlich sind diese Kosten abhängig von Gerätepreis und der Verweildauer beim Zoll. Richtig teuer wird es, falls DHL beim Kunden wegen Unstimmigkeiten bei der Rechnung und dem Preis nachfragen muss und/oder der Zoll das Smartphone wegen der fehlenden CE-Kennzeichnung nicht abfertigt.

Für die Verzollung des China-Handys erhebt DHL Express Deutschland (Stand 07/2016) eine Kapitalbereitstellungsprovision in Höhe von 2 Prozent der verauslagten Einfuhrabgaben (Zoll und EUSt.), mindestens aber 12,50 Euro. zuzüglich MwSt.

Muss DHL im Rahmen der Einfuhr des Geräts aus China noch Unklarheiten, wie zum Beispiel den Gerätepreis mit dem Käufer abklären, und es kommt zur Lagerung der Ware im Zolllager wegen der Verzögerung der Zollabfertigung, dann wird die Lagerung ab dem 3. Tag mit einem Betrag von 5,00 Euro pro Tag lagergeldpflichtig. Kommt es zur Nachverzollung respektive zu nachträglichen Änderungen des Abgabenbescheides, wie zur Änderung von Werten, Tarifnummern, Herstellungsland oder Handelsbedingungen, um ggf. die Einfuhrabgaben zu korrigieren, dann werden hierfür extra pauschal 40,00 Euro fällig.

DHL Österreich zählt erst ab dem 5. Tag, stellt dann aber 28 Euro zuzüglich MwSt. in Rechnung. In Österreich kommen in jedem Fall 3 Prozent der Zollgebühren oder mindestens 12 Euro als Bearbeitungsgebühr durch den DHL Express Import dazu.

Laut Auskunft des Deutschen Zoll entstehen dem Asien-Käufer im Falle einer weitergehenden Überprüfung der Sendung, wie das zum Beispiel bei einer fehlenden CE-Kennzeichnung des Geräts der Fall wäre, dann obendrauf Lagerkosten in Höhe von 0,50 Euro/Tag. Da der Zoll aber Beträge unter 5 Euro nicht erhebt, erfolgt die Berechnung erst ab dem 10. Tag.

Vorsicht vor Geschenken und falsch deklarierten Rechnungen

Wie wir oben gesehen haben, hängen Zollgebühren und Transportkosten nicht nur vom reinen Gerätepreis ab. Denn während die Rechnung für die EUSt. noch recht einfach im Kopf zu schaffen ist und sich in Grenzen hält, kann es bei einer eventuellen Nachverzollung oder Überprüfung der Sendung durch den Zoll ganz schön teuer werden. Und dann wird für den Schnäppchen-Käufer aus dem "richtig guten Schnapper" auch eben schnell mal ein ärgerlicher "Draufzahler".

Anbieter und Shops aus Asien kennen die Problematik hinsichtlich der Einfuhr ihrer Produkte nach Deutschland mittlerweile sehr genau und versuchen mit immer neuen Methoden mehr oder weniger frech, am deutschen Zoll "ungesehen und ungeschoren" vorbeizukommen. Ist das Gerät erst einmal, wie es im Amtsdeutsch so schön heißt, in der EU respektive Deutschland "in den Verkehr" gebracht, dann hat der Zoll keine Hand mehr darauf. 

Abgesehen vom Trend, dass immer mehr China-Händler ihre Produkte an den deutschen Behörden vorbei und bis dato nicht greifbar in den oben beschriebenen Fulfillment Centern von Amazon, eBay und Co. einschleusen, setzen einige Händler aus China noch immer auf Falschdeklaration der Warensendung. Zu Anfang der großen Direkteinkauf-aus-China-Welle gab es auch noch die Masche mit "Geschenken". Das ist aber - zumindest unseren Recherchen zufolge - inzwischen nicht mehr üblich. Problematisch ist für den Käufer in Deutschland beides.

Haben das Transportunternehmen respektive der Zoll, ungeachtet der CE-Problematik, den Verdacht oder stellen sogar fest, dass bei der Angabe des Warenwerts des Smartphones geschummelt wurde, dann bleibt das Paket bis zur weiteren Abfertigung und Klärung mit dem Käufer erst einmal liegen und verursacht vermeidbare weitere Kosten (siehe oben). Das Smartphone gar als Geschenk mit zum Teil niedrigerem Wert deklarieren: Finger weg! Auf derlei "Spielchen" sollten sich Käufer keinesfalls einlassen, da dies für den Käufer unter Umständen in einem Strafverfahren wegen versuchter Steuerhinterziehung enden kann. 

Bei Nachfragen seitens des Paketdienstes und des Zoll sollte der Käufer lieber immer den richtigen Kaufpreis angeben. Denn inzwischen haben nicht nur die Händler aus China, sondern auch der Zoll und andere Behörden dazugelernt und kennen die Tricks der China-Händler und Shops sehr genau.

Wie wir im Rahmen unserer aktuellen Recherchen bei deutschen Behörden zwischen den Zeilen erfahren konnten,  lesen auch Beamte im Internet schon lange auf einschlägigen Seiten zu populären Produkten aus China wie Smartphones oder Drohnen mit und haben nicht nur die Verkaufs- und Versandbedingungen von Shops aus Asien wie GearBest.com und Co. auf dem Schirm. Auch die verschiedenen Liefer- und Importwege- sowie -methoden haben die deutschen Behörden auf dem Radar.

"Darum habe ich habe mir ein Smartphone in China gekauft"

Wie aus Dokumenten eines Käufers hervorgeht, der anonym bleiben will und der sich im April diesen Jahres auf einem einschlägig recht bekannten Onlineshop aus Hongkong ein 200-Euro-Smartphone von Xiaomi bestellt hatte, war der Preis für das 200-Euro-Phone auf der Rechnung plötzlich auf 95 US-Dollar geschrumpft. Der Händler aus Asien "garantierte" auf der Rechnung auch noch ausdrücklich für die Richtigkeit der Angaben. 

Dank DHL Express kam das Paket "unbeschadet" direkt an der Haustüre des Käufers aus Deutschland an. Und das, obwohl das Smartphone ganz offenbar über keine CE-Kennzeichnung und keinerlei deutsche Dokumentation verfügte. An den Paketboten waren dann lediglich noch Einfuhrumsatzsteuer, eine Kapitalbereitstellungsprovision auf Zoll und EUSt. sowie die MwSt. auf die Kapitalbereitstellungsprovision zu bezahlen - insgesamt rund 30 Euro. "Glück gehabt" könnte man aus Käufersicht da sagen, der Zoll hat nichts mitgekriegt. "Ein flaues Gefühl in der Magengegend bleibt", resümierte unser China-Käufer im Interview mit Notebookcheck. Wir wollten auch noch wissen, warum der Käufer überhaupt das Risiko eingegangen ist, dass das Smartphone beschlagnahmt oder zurückgeschickt wird.

 "Ich war einfach neugierig, wie das mit dem Direktimport aus China abläuft. Der direkte Einkauf in China wird in der deutschen Technikszene schon eine ganze Zeit lang angepriesenen. Überall ist von Internet-Schnäppchen aus China-Shops die Rede und außerdem wollte ich genau dieses Smartphone von Xiaomi haben. Die gesamte Fachpresse in Deutschland hat dieses Modell getestet und das Smartphone aus China in den höchsten Tönen gelobt. Da dachte ich mir, wenn die sich das holen, kann ich das auch. Der Hersteller verkauft das Smartphone in Deutschland und der EU leider nicht. Die Shops, die das Xiaomi-Phone in Europa verkaufen, waren mir zu teuer. Und CE haben die auch nicht. Da habe ich mir das Gerät direkt in China gekauft."

Zollgebühren und Einfuhrumsatzsteuer komplett sparen?

Käufer in Deutschland können sich immer häufiger den "Stress" mit dem Direktimport des Wunsch-Smartphones von weniger bekannten Marken in China sparen. Stattdessen lassen sich viele China-Handys mittlerweile bequem entweder in einem EU-Shop des Herstellers einkaufen, oder das Handy bei großen Onlineverkaufsplattformen wie Amazon oder eBay erwerben. Denn neben den Herstellern selbst arbeiten auch immer häufiger größere China-Shops bereits mit Partnern in Europa hinsichtlich Logistik und Lager zusammen. Zwar fallen damit für den Käufer keine Zollgebühren und EUSt. an, aber auch in diesem Fall gibt es einige Dinge zu beachten.

Auch hier heißt das Reizwort "Fulfillment Center". Reizwort deshalb, weil - wie oben bereits beschrieben - auch kleinere Onlinehändler aus China längst schon ihre Produkte beispielsweise in den deutschen Logistikzentren von Amazon unter dem FBA-Programm lagern und dann ihre Produkte außerhalb der Reichweite der Behörden wie Finanzämtern, Gewerbeaufsichtsämtern und Marktüberwachung verkaufen. Damit werden deutschen Kunden unter Umständen über diesen Weg auf den beliebten Plattformen doch Geräte wie Smartphones ohne CE oder unsichere Netzteile angedreht.

Auf Amazon.de ist mittlerweile eine doch sehr große Zahl von Händlern aus China vertreten, die ihren Sitz offenbar in China haben und FBA nutzen. Solche Anbieter sind inzwischen zumindest subjektiv in nahezu allen Produktkategorien zu finden. Mit Amazon FBA wird den weltweiten kleineren Internethändlern quasi eine Lizenz zum "Gelddrucken" in Deutschland ausgestellt. Während Anbieter aus Asien bei der Einfuhr von Smartphones nach Deutschland auf "konventionellem Weg" wie ihre Kollegen aus Deutschland viele Steine aus dem Weg räumen müssen, kann über die Fulfillment Center vergleichsweise einfach alles abverkauft werden.

Auch "Branchen-Gurus" für das Amazon-Universum aus Deutschland feiern Amazon FBA auf Life Hackz sowie der ersten Amazon-FBA-Konferenz Amzcon (3.9.2016) und den Private Label Days als "Goldrausch im Wilden Westen" und finden "Amazon FBA ist der heiße Scheiß". Mit der rapide wachsenden Zahl von Waren, die über Amazon FBA von zweifelhaften Herstellern und Anbietern aus Asien und anderen Teilen der Welt praktisch "unbesehen" und damit ohne Kontrolle auf dem Amazon-Marketplace angeboten werden können, steigt aber auch das Risiko für Amazon-Kunden an einen Händler zu geraten, der es mit dem Produktschutz nicht so genau nimmt oder sogar vor dem Verkauf von Plagiaten nicht zurückschreckt. 

Daher sollten Käufer auch auf Amazon.de und Co. die Angebote genau prüfen und vor allem bei vermeintlichen Schnäppchen besonders vorsichtig sein. In diesem Artikel haben wir auf Notebookcheck bereits vor Betrügern gewarnt: Amazon: Achtung vor betrügerischen Angeboten! 

Beim Durchblättern der Amazon-Produktseiten konnten wir uns bei den Recherchen tatsächlich mehrmals den Eindruck nicht erwehren, dass da teils auch Zeug verramscht wird, was besser entsorgt oder in die Schrottpresse gehört. Bei unseren Nachforschungen haben wir abseits von Smartphones aber auch die eine oder andere echte Technikperle (USB-Hubs, Laser-Entfernungsmesser) zum kleinen Preis gefunden.  

Bei unseren Überprüfungen haben wir bei dem einen oder anderen Verkäufer mit Sitz in China auf dem Amazon-Marketplace auch keinerlei Anbieterinformationen oder Hinweise auf CE etc. gefunden. Fairerweise ist anzumerken, dass Amazon.de auf entsprechende Hinweise unsererseits zu fehlenden Anbieterangaben bislang die entsprechenden Händler umgehend aufgefordert hat, die notwendigen Informationen bereitzustellen. Bei den eingereichten Beschwerden haben die Anbieter dann recht flott reagiert und die Anbieterinformationen eingetragen. Die Richtigkeit dieser Angaben lassen sich allerdings nur schwer nachprüfen.

Amazon bietet bei Problemen mit dem Kauf von Marketplace-Verkäufern für Amazon-Kunden auch noch ein "Sicherheitsnetz" in Form der Amazon A-bis-z-Garantie an. Amazon steht damit laut eigenen Angaben für die Sicherheit der Bestellungen bei Marketplace-Verkäufern ein, wenn die Bezahlung über die Website von Amazon.de erfolgt oder wenn Amazon Payments für die Zahlung auf den Websites Dritter verwendet wird. Die Amazon A-bis-z-Garantie deckt Zustand und rechtzeitige Lieferung des gekauften Artikels ab. Weitere Details hierzu finden sie hier.

Abstriche bei Garantie und Service, Ärger bei Schäden

Wer direkt in China sein Smartphone kaufen will, der muss bereit sein, hinsichtlich Garantie und Service Abstriche in Kauf zu nehmen. Verfügt das direkt importierte Smartphone über keine CE-Kennzeichnung, dann kann es im Falle einer Schädigung Dritter durch den Betrieb des Handys in Deutschland für den Nutzer richtig Ärger geben.

Übersetzte Dokumente und einen direkten Hersteller-Support für das im Asien-Shop gekaufte Smartphone wird der Käufer nur in den seltensten Fällen erhalten. Locken Anbieter mit einem Gratis-Versand, dann muss der Kunde mit einer mehrwöchigen Lieferzeit rechnen. Auch regelmäßige Firmware- und Sicherheits-Updates darf der Käufer vor allem bei den unbekannteren Marken nicht erwarten. Bei einigen Anbietern aus China muss der Kunde sein Gerät unter Umständen manuell updaten, da der Weg über OTA in Deutschland nicht funktioniert.

Besonders heikel wird es für Käufer eines Smartphones ohne CE-Kennzeichnung, falls durch den Betrieb des Handys zum Beispiel die Sicherheit von Personen, erhebliche Beeinträchtigungen durch Störungen oder gar Schäden verursacht werden. So wurden wir aus Behördenkreisen auf einen Fall hingewiesen, bei dem ein Mobiltelefon ohne CE für erhebliche Störungen im Funkbetrieb an einem deutschen Flugplatz sorgte. Wegen der Gefahrensituation wurde ein groß angelegter Messeinsatz angeordnet und der "Übeltäter" konnte rasch lokalisiert werden. Der Einsatz zog "erhebliche Kosten" nach sich, die Versicherung des Verursachers lehnte eine Schadensregulierung wegen grober Fahrlässigkeit in Kenntnis der fehlenden CE-Kennzeichnung ab.

Produktsicherheit

Wie wir bereits eingangs erwähnt haben, dürfen in die Europäische Union nur Produkte eingeführt werden, die in Übereinstimmung mit den Bestimmungen der Europäischen Union hergestellt wurden, um den Verbraucher vor unsicheren Produkten zu schützen. Für bestimmte Produkte wie beispielsweise Laserpointer mit einer Leistung von mehr als einem Milliwatt oder Störsender ist die Einfuhr grundsätzlich verboten. Für verschiedene Geräte wie beispielsweise Netzteile gibt es eigene Richtlinien (Niederspannungsrichtlinie für elektrische Betriebsmittel 2014/35/EU).

Wichtig: Auch Produkte, die von Privatpersonen im Versand- oder Internethandel unmittelbar in Nicht-EU-Staaten bestellt werden, müssen bei der Einfuhr in die EU die auf dem Gemeinschaftsmarkt geltenden Vorschriften erfüllen. Konkret heißt das: Käufer die direkt im Schnäppchen-Shop in China einkaufen, müssen darauf achten, dass die Geräte zumindest die CE-Kennzeichnung tragen.

Im Rahmen unserer Recherchen haben bis auf eine Ausnahme alle Händler aus China auf unsere Anfragen wegen der CE-Kennzeichnung bei den von uns ausgewählten Smartphone-Modellen nicht geantwortet. Nur ein China-Shop hat uns offen und sehr schnell mitgeteilt, dass es sich bei den angefragten Geräten um Modelle für den asiatischen Markt handelt; diese aber auf Wunsch auch nach Deutschland gesendet werden. In diesem Fall packt der Smartphone-Shop noch einen Steckdosenadapter in das Paket.  

Potenzielle Käufer sollten derzeit davon ausgehen, dass bei der überwiegenden Mehrzahl der Smartphones, die aktuell in den diversen Internetshops in Asien angeboten werden, noch keine CE-Kennzeichnung vorliegt. Dies wird sich aber schon in absehbarer Zeit mit ziemlicher Sicherheit ändern, da sich immer mehr Marken den lukrativen Markt in Europa nicht entgehen lassen wollen und immer mehr Hersteller sich darauf einstellen. Bis dahin gilt: Das Risiko trägt der Käufer. Wird das Smartphone beim Direktimport kontrolliert und es fehlt die CE-Kennzeichnung, dann geht das Gerät in der Regel an den Versender zurück.

Wer auf verdächtige Produkte bei Onlinehändlern stößt, Bedenken hinsichtlich der Produktsicherheit hat oder annimmt, es könnte sich bei einem Angebot um eine Produktfälschung handeln, der kann über das Internet sehr rasch überprüfen, ob das jeweilige Produkt eventuell bereits bei den Behörden mit einer Warnung auffällig geworden ist, oder sogar ein Rückruf wegen Sicherheitsmängeln gestartet wurde. Hier einige wichtige Informationsquellen:

Fazit

Ein Smartphone billig direkt in China zu kaufen kann sich durchaus lohnen, wenn man einige Punkte beachtet:

  • Vor dem Kauf den Anbieter und Verkäufer konkret auf die CE-Kennzeichnung des Smartphones ansprechen und sich diese ggf. schriftlich bestätigen lassen. Mit CE gibt es hinsichtlich der EG-Richtlinien dann zumindest keinen Ärger mit dem Zoll. Einige Hersteller verkaufen zwar ihre Geräte noch nicht offiziell in Europa, geben aber inzwischen eine Konformitätserklärung ab. Hier muss aber jeweils im Einzelfall durch den Käufer selbst nachgehakt werden, da die Modellwechsel teils sehr rasch stattfinden.
  • Ärger mit dem Zoll lässt sich auch vermeiden, wenn der Verkäufer aus China das Smartphone bereits aus einem EU-Lager versendet. Dann entfällt das Thema Zoll und Gebühren für den Käufer in Deutschland komplett. Allerdings ist damit nicht automatisch gewährleistet, dass das Handy auch tatsächlich über eine CE-Kennzeichnung verfügt. Einige Händler suchen gezielt nach "Schwachstellen" bei den Einfuhrkontrollen in den EU-Ländern und verlagern dann sehr rasch die Einfuhren in diese Mitgliedsstaaten.
  • Bei Händlern aus Asien, die über Fulfillment Center wie Amazon und eBay verkaufen, sollte der Käufer hinsichtlich CE, Plagiaten und Nachbauten besonders kritisch sein. Denn hier kann die Marktüberwachung die Ware nicht kontrollieren. Bei fehlenden Anbieterinformationen oder gar offensichtlich gefährlichen Produkten sowie Plagiaten sollte dies den jeweiligen Plattformbetreibern umgehend gemeldet werden. Hier reagieren Amazon und eBay meist sehr schnell.
  • Für das Schnäppchen aus dem China-Shop sollte der Käufer nicht einen vergleichbaren Service und Support wie bei "Markenware" erwarten. Service kostet viel Geld, hier wird gerade von kleineren Anbietern beispielsweise bei der Übersetzung der Begleitpapiere und Firmware-Updates gespart. Statt automatischer OTA-Updates kann es gut sein, dass der Kunde das Update selbst manuell durchführen muss.
  • Angebote kritisch vergleichen und sich über den Onlineshop der Wahl im Internet informieren. Einige Shops bieten ihren Kunden für den Einkauf inzwischen zahlreiche Hilfen wie eine Unterstützung bei der Zollabwicklung, dem schnellen Versand und einer Vorabüberprüfung der Geräte an. Einige Händler unterstützen ihre Kunden auch bei Firmware-Updates und speziellen Wünschen.
  • Anbieter aus China, wie OnePlus oder Oppo, verkaufen ihre Smartphones auch bereits über eigene EU-Shops. Hier sorgen die Hersteller für die erforderliche CE-Kennzeichnung und die Zollabwicklung bei der Einfuhr. Zudem wird bei diesen Anbietern in der Regel auch europaweit Garantie und Service für die Smartphones übernommen.

* Hinweis: Unser Bericht stellt keine Rechtsberatung o.ä. dar und erhebt keinen Anspruch auf Richtigkeit und Vollständigkeit der bereitgestellten Informationen.

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Autor: Ronald Matta, 10.10.2016 (Update: 15.05.2018)