Die EU-Kommission arbeitet unter Hochdruck an einem Rettungspaket für die europäische Autoindustrie. Im Kern steht einem Bericht der Financial Times zufolge der Vorschlag einer völlig neuen Fahrzeugkategorie für kleine und elektrische Autos. Ein technisches Musterbeispiel für eine solche Kategorie ist der Dacia Spring. Der City Stromer bringt leer nur rund eine Tonne auf die Waage und hat ein zulässiges Gesamtgewicht von 1,3 Tonnen. Doch das E-Auto hat einen Haken: es wird in China gefertigt. Genau hier setzt die neue Marschrichtung in Brüssel offenbar an. Laut dem Bericht will die EU-Kommission die Importwelle billiger Autos aus China brechen und die heimische Fertigung ankurbeln. Deshalb soll es eine harte Bedingung geben: Nur wer direkt in Europa produziert, soll von den neuen Regeln profitieren. In den Fluren der EU-Behörde hat das E-Auto-Projekt schon seinen Spitznamen weg. In Brüssel nennt man die kleinen City-E-Flitzer inzwischen schon "Sejournette", in Anspielung auf den zuständigen Industriekommissar Stéphane Séjourné.
Für die Halter dieser Klein-E-Autos, winken laut dem Bericht der Financial Times handfeste Vorteile im Alltag. Die Pläne versprechen den Zugriff auf exklusive Parkplätze und eine bevorzugte Behandlung an der Ladesäule. Auch bei Subventionen und Kaufprämien sollen diese Fahrzeuge bevorzugt behandelt werden, um chinesische Konkurrenzprodukte preislich zu unterbieten. Noch brisanter sind die regulatorischen Geschenke an die Hersteller. Die Kommission erwägt, diese Klasse für zehn Jahre von neuen Auflagen zu befreien. Das betrifft kommende Sicherheitsvorschriften und sogar die Euro-7-Norm, die ab 2026 auch für E-Autos strengere Regeln für Bremsstaub und Reifenabrieb vorsieht. Diese Deregulierung soll die Produktionskosten drücken und die Autos erschwinglich halten.
Das Gewichtslimit ist der entscheidende Hebel für die neue Klasse. Laut Insidern liegt die Grenze voraussichtlich bei 1,5 Tonnen. Damit zielt die EU genau auf das Segment, in dem europäische Hersteller noch Vorteile gegenüber chinesischen Marken haben, die sich oft auf größere Fahrzeuge konzentrieren. Modelle wie der Renault Twingo, der Citroen e-C3 oder ein elektrischer VW Golf könnten in dieses Raster fallen. Konzernchefs wie Carlos Tavares von Stellantis und Luca de Meo von Renault hatten zuvor intensiv für eine Art europäisches "Kei-Car" nach japanischem Vorbild lobbyiert.
Das Timing für die Offensive ist kein Zufall. Die Vorschläge sollen am 16. Dezember präsentiert werden, parallel zur Überprüfung des Verbrenner-Verbots ab 2035. Die Diskussion in Brüssel ist hitzig. Neben der neuen Kleinwagen-Klasse stehen auch Lockerungen für das Verbrenner-Aus zur Debatte. Im Gespräch sind eine Verlängerung für Plug-in-Hybride um fünf Jahre oder eine Reduktion der Flottenemissionen um nur 90 Prozent statt 100 Prozent bis 2035. Auch die Anrechnung von E-Fuels und Biokraftstoffen liegt wieder auf dem Tisch. Kritiker warnen jedoch bei Plug-in-Hybriden vor einem Eigentor, da chinesische Hersteller bei dieser Brückentechnologie technologisch oft schon weiter sind.



















