Die Meldungen der Nachrichtenagenturen wie Reuters überschlagen sich. VW stoppt die Fertigung in der Gläsernen Manufaktur Dresden sowie im sächsischen E-Auto-Werk Zwickau für eine ganze Woche ab dem 6. Oktober. Als Grund wird seitens VW "die Verlangsamung des E-Auto-Absatzes" genannt. In Zwickau stoppt die BEV-Produktion, wo E-Auto-Modelle auf Basis des Modularen E-Antriebs-Baukastens (MEB) vom Band laufen. Von den Stopps betroffen ist auch die Produktion des Audi Q4 e-tron.
Auch an weiteren Standorten kommt es zu massiven Reduzierungen: Im Werk Emden, in dem die Modelle VW ID.4 und ID.7 produziert werden, wurden schon die Mitarbeiterstunden reduziert. Über mehrtägige Produktionspausen wird verhandelt. Für Osnabrück wurde beschlossen, bis zum Jahresende 2025 mindestens einen Schließtag pro Woche einzulegen.
Der Kontrast: Verbrenner-Boom im Stammwerk
Die VW-Werke Zwickau und Emden sind auf E-Autos spezialisiert und für die vom Konzern beschworene kurzfristige "Nachfrageflaute" daher besonders anfällig. Laut Medienberichten läuft das Geschäft mit Verbrennern weiterhin gut: Im Stammwerk Wolfsburg seien wegen der vorgeblich starken Nachfrage nach Bestsellern wie Golf, Tiguan und Tayron sogar Sonderschichten an fast allen Wochenenden bis Weihnachten geplant, so die Berichte. Volkswagen muss dort angeblich die Produktion hochfahren, um einen wachsenden Auftragsbestand abzuarbeiten.
Der E-Auto-Sturm: Markt und hausgemachte Probleme
Die Produktionsstopps sind die sichtbare Folge eines sogenannten "perfekten Sturms" aus Wettbewerbsdruck und VW-internen, hausgemachten Problemen. Die allgemeine Neuzulassung von E-Autos in Deutschland steigt zwar (laut KBA), und VW bleibt einer der Marktführer, doch das Wachstum ist nicht mehr so dynamisch wie erwartet. Dies führt in den VW-Werken, die für eine wesentlich höhere Kapazität ausgelegt wurden, zu Überkapazitäten.
Die Konsumentenzurückhaltung in Deutschland wird hauptsächlich durch die Verunsicherung durch die unklare Förderpolitik der Regierung und die anhaltende Debatte um das Verbrenner-Aus genährt. Europaweit kommen strukturelle Probleme wie Reichweitenängste und die mangelhafte Ladeinfrastruktur hinzu.
Gleichzeitig attackiert die Konkurrenz Volkswagen von zwei Seiten:
- Die Preis-Leistungs-Kanonen: Chinesische Hersteller wie BYD (dessen Europa-Verkäufe in den ersten acht Monaten 2025 um fast 250 Prozent stiegen) und MG greifen mit aggressiven Preisen an. Ihre Modelle sind teils 10.000 bis 15.000 Euro günstiger und bieten oft eine überlegene Serienausstattung (großes drehbares Display, Panoramadach, längere Garantien).
- Die Technologie-Führer: Unternehmen wie Tesla und Hyundai/Kia ziehen technikaffine Kunden mit schnellerer Ladearchitektur (z. B. 800-Volt), besserer Software, Effizienz und attraktivem Design ab.
Die erste ID-Generation steht jedoch in Fachkreisen massiv in der Kritik. Die MEB-Plattform ist in puncto Ladegeschwindigkeit überholt, der holprige Start der CARIAD-Software hat dem Ruf enorm geschadet, und die träge Konzernstruktur erschwert die notwendigen schnellen Anpassungen.
Der Ausblick: VWs Gegenoffensive
VW-Chef Oliver Blume bezeichnete das vergangene Jahr als eines der "Weichenstellungen" und setzt auf die "Accelerate"-Strategie, um den Rückstand mit "China-Speed" aufzuholen. Die Zeit drängt:
- Neue Plattformen: Die Entwicklung der zukünftigen, effizienteren SSP-Plattform soll die Fahrzeuge wieder wettbewerbsfähig machen.
- Kosten und Modelle: Der Konzern arbeitet an E-Modellen zum Basispreis von rund 25.000 Euro, um im Massenmarkt wieder anzugreifen.
- Integration: Die eigene Batterieproduktion durch die Tochter PowerCo soll die Kosten senken und die Abhängigkeit von Zulieferern reduzieren.
Die Produktionsstopps in Zwickau und Emden sind für viele Marktbeobachter ein "klares Alarmsignal", dass die Zeit bei VW für halbherzige Reformen vorbei ist und der Volkswagen-Konzern seine gesamte Kostenstruktur und Unternehmenskultur überdenken muss, um in diesem knüppelharten Wettbewerb zu bestehen.

























