Benchmarkcheck: Need for Speed Most Wanted
Most Wanted ist nicht das erste Need for Speed, für das sich der britische Entwickler Criterion verantwortlich zeichnet. Das 2010 erschienene Hot Pursuit verhalf der über die Jahre immer schlechter gewordenen Arcade-Serie zu frischem Glanz. Während die Meinung der User relativ gespalten war, kam der Titel bei den Kritikern ziemlich gut an (durchschnittlich 86 % auf metacritic.com).
Das 2011 veröffentlichte und von einem anderen Entwickler stammende Need for Speed: The Run hatte trotz cleverem Story-Ansatz nicht so viel Glück: Die PC-Variante erreichte im Schnitt nur 69 %. 2012 ist nun also wieder Criterion dran. Schaffen es die Engländer, ihren guten Ruf zu verteidigen?
Beschreibung
Nach dem ersten Spielstart fällt sofort die erstklassige Grafik ins Auge. Most Wanted basiert auf der Chameleon-Engine, die technisch durchaus mit der Frostbite-2-Engine konkurrieren kann (Medal of Honor: Warfighter, Battlefield 3 etc). Zu den Markenzeichen gehört unter anderem eine hohe Texturqualität. Bis auf wenige Ausnahmen sind die Objekttapeten sehr fein und detailliert. Besonders die polygonreichen Luxusboliden bestechen mit einer edlen Optik.
Lob verdient der Titel darüber hinaus für die exzellenten Effekte. Egal ob Rauchentwicklung, Funkenflug oder Dreck: Die Partikeldarstellung bewegt sich auf einem extrem hohen Niveau. Die stimmige Beleuchtung und die hübschen Regen- bzw. Wassereffekte tragen ebenfalls zur tollen Atmosphäre bei. Die hohe Weitsicht ist eine weitere Stärke der Chameleon-Engine.
Die Soundkulisse muss sich dabei keineswegs hinter der opulenten Grafik verstecken – im Gegenteil. EA und Criterion setzen erwartungsgemäß auf eine bunte Mischung aus verschiedenen Stilrichtungen. Der treibende Soundtrack beinhaltet Titel von bekannten Bands und Künstlern wie »Muse«, »The Who«, »Green Day«, »Skrillex« und »The Chemical Brothers«. In Kombination mit den kräftigen Motorgeräuschen ergibt sich ein idealer Klangteppich. Mit hoch aufgedrehten Lautsprechern bzw. Kopfhörern macht der Titel gleich doppelt so viel Spaß.
Apropos Spaß: Criterion hat sich bei der Ausarbeitung der offenen Spielwelt sichtlich Mühe gegeben. Die an US-Metropolen erinnernde City punktet optisch mit einem hohen Abwechslungsreichtum. Dicht befahrene Hochhausschluchten wechseln sich hier mit tempolastigen Autobahnen und idyllischen Vorstadtbezirken ab. Vielerorts merkt man deutlich die Liebe zum Detail. Hinzu kommt ein atmosphärischer Tag- und Nachtwechsel, der die Umgebung stets in ein anderes Licht taucht.
Jedoch ist bei Most Wanted längst nicht alles Gold was glänzt. Da hätten wir zum Beispiel die unkomfortable Bedienung. Nach kurzer Zeit wird klar, dass die Menüs primär für Konsolen ausgelegt sind. So muss man sich nicht nur mit komischen Tastenbelegungen, sondern auch mit einer ungünstigen Menüführung herumärgern, welche den Spieler häufig zum Scrollen nötigt.
Die ständigen Bildschirmeinblendungen (es hagelt schon für Kleinigkeiten wie Stunts Punkte) lenken ebenfalls vom tatsächlichen Renngeschehen ab. Das topaktuelle Schadensmodell kann nur bedingt über diese Mankos hinwegtrösten. Am meisten waren wir allerdings von der Fahrphysik respektive dem Fahrmodell enttäuscht. Selbst für einen Arcade-Titel steuern sich die Vehikel ziemlich unglaubwürdig. Bis man die Autos gut unter Kontrolle hat, vergehen diverse Spielstunden.
Die aggressive KI macht die Sache nicht unbedingt leichter. Durch die ständigen Rempler und Bandentreffer fühlt man sich gerne wie eine Pinball-Kugel. Das Kollisionsverhalten hat uns zudem an Autoscooter von der Kirmes erinnert. Realimus? Fehlanzeige. Zusammen mit den spektakulären Totalcrashs wirkt der Titel recht Burnout-lastig. Wer das gute alte NfS-Feeling sucht, dürfte hier eventuell an der falschen Adresse sein.
Typisch Need for Speed ist hingegen das »Gummiband-Prinzip«. Diese Designentscheidung sorgt dafür, dass man selbst nach einigen Fahrfehlern noch Chancen auf eine gute Platzierung hat. Andererseits kann man Gegenspieler jedoch nie wirklich abhängen. Böse Zungen würden hier von »Cheaten« reden.
Als objektiv größter Kritikpunkt entpuppt sich allerdings die schwache Einzelspieler-Kampagne. Während das erste Most Wanted eine klischeehafte und vorhersehbare, aber zumindest interessante Geschichte bot, klappert man im neuen Teil einfach ein Rennevent nach dem anderen ab.
Selbst die elementaren Most-Wanted-Rennen werden trotz brillanter Videoeinspieler recht lieblos präsentiert. Im Endeffekt kämpft man sich nur eine dröge Liste zum meistgesuchten Fahrer der Stadt hoch. Dass auch die normalen Rennen mit coolen Kamerafahrten und/oder Grafikeffekten eingeleitet werden, ändert an dieser Tatsache wenig. Most Wanted ist erzählerisch ungemein flach. Durch das Fehlen einer spannenden Geschichte leidet natürlich die Langzeitmotivation.
Auch beim Thema Erfolgsgefühl patzt der britische Entwickler. Anstatt sich wie in älteren Teilen Vehikel mühsam über mehrere Rennen zu erarbeiten, kann man jetzt einfach in bestimmte Autos hüpfen, die in der Spielwelt verteilt sind. Freunde schnörkelloser Rennaction kommen bei Most Wanted dennoch auf ihre Kosten.
Benchmark
Die Suche nach einer passenden Benchmark-Sequenz brachte uns schnell zum Rundkurs-Event »Continental Drift«. Das Stadtrennen gegen sieben kontaktfreudige Gegner zeichnen wir jeweils eine Runde mit dem Tool Fraps auf. Wie Sie im unteren Video sehen können, bietet die knapp einminütige Passage alles, was man von Need for Speed erwartet.
Obwohl sich Totalunfälle kaum bis überhaupt nicht auf die Bildwiederholrate auswirken, versuchen wir entsprechende Situationen zu vermeiden. Trotz des variierenden Ablaufs bringt der Benchmark recht konstante Ergebnisse. Um für das komplette Spiel ordentlich gerüstet zu sein, sollten im Benchmark mindestens 30-35 fps herauskommen.
Settings
Most Wanted zeichnet sich nicht nur durch eine schicke Optik, sondern auch durch einen enormen Hardware-Hunger aus. Mit hohen Einstellungen und 1.920 x 1.080 Bildpunkten bringt der aktuelle Need-for-Speed-Teil auch High-End-Notebooks an ihre Grenzen. Moderne Technologien wie Ambient Occlusion kosten jede Menge Power.
Das Grafikmenü hält 11 verschiedene Optionen bereit. Neben der Auflösung und der Intensität des Motion Blur kann der Nutzer unter anderem die Schatten-, Reflexions- und Geometrie-Qualität in mehreren Stufen regeln. Einige Menüpunkte (z. B. die High-Res-Texturen) lassen sich nur an- bzw. abschalten. Praktisch: Jegliche Änderungen werden direkt im Spiel übernommen.
Im Gegensatz zu Battlefield 3 und Medal of Honor: Warfighter bietet Most Wanted weder Presets noch eine Ultra-Stufe mit hochwertiger Kantenglättung. Ohne MSAA flimmert das Bild stellenweise deutlich. Anisotrope Filterung erhält man nur über den Grafiktreiber.
Insgesamt liegen die Hardware-Anforderungen etwa auf dem Niveau der eben genannten Frostbite-2-Konkurrenten. Schade allerdings, dass es unabhängig von der eingesetzten Hardware mitunter zu nervigen Performance-Schwankungen kommt. Auch Luxus-GPUs wie die Radeon HD 7970(M) oder GeForce GTX 680(M) brechen bei anspruchsvollen Settings manchmal auf 30 oder 20 fps ein.
Weiteres Problem: Selbst mit einer guten Bildwiederholrate erscheint der Titel hin und wieder ruckelig. Mehr als 60 fps sind »dank« einer eingebauten Sperre ohnehin nicht möglich. Most Wanted verlangt übrigens ein DirectX-10.1- oder DirectX-11-fähiges System (Windows-XP-Nutzer aufgepasst!).
Resultate
Wer den neuen Need-for-Speed-Ableger in seiner ganzen Pracht genießen will, benötigt zwangsläufig ein Notebook aus dem High-End-Bereich. 1.920 x 1.080 Pixel und maximale Grafikoptionen werden erst von einer GeForce GTX 675M(X) halbwegs ordentlich geschultert. Richtig flüssig laufen die hohen Einstellungen nur mit den aktuellen Spitzenreitern GeForce GTX 680M und Radeon HD 7970M. Für 1.600 x 900 Pixel reicht ein etwas schwächeres Oberklasse-Modell wie die GeForce GTX 670M(X).
Sie geben sich mit 1.366 x 768 Bildpunkten zufrieden? Dann sollte es für hohe Details zumindest eine GeForce GT 650M sein. Für normale Grafikoptionen genügt derweil eine GeForce GT 640M. Mit Low-End-Karten wie Intels HD Graphics 4000 sind – wenn überhaupt – nur niedrige Settings spielbar. Die HD Graphics 3000 packt das Game generell nicht anständig.
Fazit
Need for Speed: Most Wanted ist ein guter Arcade-Titel, welcher in der Summe aber leicht enttäuscht. Der hervorragenden Optik und der gelungenen Soundkulisse steht ein uninspirierter Einzelspieler-Modus mit nicht vorhandener Story gegenüber. Auch das eigenwillige Fahrverhalten dürfte zahlreichen Gamern sauer aufstoßen. Wer keinen Sinn für Realismus hat und flotte Rennaction liebt, sollte sich Most Wanted trotzdem nicht entgehen lassen.
Testsysteme
Ein großes Dankeschön geht wie üblich an die Firma Schenker Notebooks (mysn.de). Bei den folgenden drei Geräten wurden diese GPU-Treiber verwendet: Nvidia 307.21, AMD 12.11 Beta & Intel 9.17.10.2867.
- XMG P502 (Core i7-3610QM, GeForce GTX 660M, GTX 670M, GTX 675M, GTX 680M & Radeon HD 7970M, 8 GB RAM)
- XMG A502 (Core i5-3360M, GeForce GT 650M & HD Graphics 4000, 8 GB RAM)
- Xesia M501 (Core i7-2630QM, GeForce GT 630M & HD Graphics 3000, 8 GB RAM)